Poly-Segen, Macht & Sparlogik: Drei Stachel für eine ehrliche Kirche
Shownotes
Worum geht’s?
Thea & Sarah bringen drei Stacheln auf den Punkt – ohne Ausreden:
1. VEM & Sparlogik der EKiR: Warum die Kürzung nicht nur Werte, sondern auch Gegenfinanzierung kappt.
2. „Poly-Hochzeit“ in Berlin: Was wirklich passiert ist – und wie schlechte Krisenkommunikation Hass befeuert.
3. EKD-Synode „Kirche & Macht“: Diversität heißt Macht teilen – nicht nur schöne Fotos machen. 
Kapitelmarken:
00:00 Intro · 03:00 Stachel 1 – VEM & KAD-Mittel: „Man spart 50 %, verliert 100 % Arbeit“ · 14:45 Stachel 2 – Poly-Segen & EKBO-Statement · 26:30 Stachel 3 – EKD-Synode: Doppeltische & Macht teilen · 36:30 Herz der Woche (James Baldwin)
Teilt die Folge, taggt eure Synodalen & schreibt uns eure Stadt-/Gemeinde-Beispiele.
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Stachel und Herz 11.25.02
Stachel & Herz, der Podcast mit Sarah Wetscherer und Theo Hümmel. Wir wollen Kirche zu einem Safer Space machen. Dafür legen wir den Stachel in die Wunde.
Mal mit Gästinnen, mal zu zweit, aber immer mit Herz. Hallo und herzlich willkommen bei Stachel & Herz. Schön, dass ihr dabei seid.
Hallo Sarah, bist du bald soweit? Hallo, ich habe noch ein Video gedreht. Ihr könnt quasi Theas willkommen heißen, live sehen. Ihr könnt hier mal sehen, dass ich hier auch wirklich arbeite.
Wirklich spreche. Das ist nicht irgendeine KI-Stimme. Ja, das habe ich jetzt gehört letztens.
Die Frage war bei meinem News-Podcast, den ich höre, woher wissen die HörerInnen, dass das echte Menschen sind oder KI? Weil KI mittlerweile ja so gut ist. So viel, wie ich stottere und Ärms sage, kann das nicht KI sein. Nee, das kann KI ja auch.
Wir können ja keine sagen. Ach echt? Tu so, als könntest du nicht reden. Rede so langsam abgehackt und unqualifiziert wie Thea.
Dabei redest du fantastisch. Deswegen sagst du ja immer Hallo. Das ist aber der Ton, das ist nicht der Inhalt.
Doch, das ist auch der Inhalt. Apropos Inhalt. Inhalt, ja, wir lassen uns heute nicht lumpen.
Wir bringen heute einfach drei Stacheln mit. Das ist dann auch unser Oberthema. Einfach alles gleich wichtig.
Drei unterschiedliche Themen, meint man. Aber alle schmerzen genau an den Stellen, wo Kirche sich verändern muss. Irgendwie hängen sie ja auch miteinander zusammen.
Da wir drei Stacheln haben, steigen wir auch direkt ein und schnacken nicht lange über Themen, über die alle reden. Wir reden jetzt irgendwie Haftbefehle oder so. Aber darüber habe ich auch zu reden.
Ich weiß, aber nachher habe ich wieder einen Ohrwurm, den ich nicht haben will. Julian drückt den Knopf. Dass du das hörst? Ich kenne die Lieder nicht.
Ich spreche mich frei davon. Ich habe nur dieses eine Lied immer als Ohrwurm. Ich habe die Doku gesehen und ich finde es schrecklich, schrecklich, schrecklich.
Wir können eine Stunde darüber reden, wie schrecklich ich das alles finde. Julian drückt den Knopf. Kommen wir zu unseren Stacheln.
Der Stachel der Woche. Der Stachel Nummer eins der Woche. Diese Woche ist ja viel los in Kirchens.
Nicht nur die Ekadir-Synode tragt in Dresden, dazu später mehr, sondern auch verschiedene Gremien der evangelischen Kirche im Rheinland tagen. Und das am 11.11. Also heute ist der 11.11. Full disclosure. Und genau dort spielt auch unser erster Stachel heute eine große Rolle.
Wie unlustig sind die eigentlich. Am 11.11. um 11.11 Uhr sitzen die da in Gremien? In Finanzgremien oder sowas. Oder in sonstigen Gremien.
Naja, okay, gut. Spaß beiseite. Wirklich Spaß beiseite.
Die evangelische Kirche im Rheinland, eine der Mitgliedskirchen der VEM, muss sparen. Das ist jetzt irgendwie keine Neuigkeit. Viele Kirchen müssen sparen.
Das ist ja nicht nur die Realität bei der Ekir, sondern auch bei vielen anderen Landeskirchen. Aber bei der Ekir gibt es nun Überlegungen, den Mitgliedsbeitrag an die VEM an uns deutlich zu kürzen. Und das hätte wirklich sehr heftige Folgen.
Und deswegen möchten wir sehr ernsthaft zu Beginn dieser Folge mit euch, liebe Community, darüber ans Gespräch kommen. Genau. Wichtig erstmal, die VEM ist ja jetzt kein externer Dienstleister der Ekir, die so zuarbeitet oder so, sondern sie ist ja wirklich Teil der Ekir.
Die Ekir ist Mitgliedskirche der VEM, sowie 38 weitere Mitglieder auch. Die VEM ist also die internationale Seite der Rheinischen Kirche. Und wenn man hier kürzt, kürzt man nicht bei irgendwem, sondern bei sich selbst.
Also wir sind Ekir und die Ekir ist VEM. Ja, das sagen jetzt vermutlich viele auch, dass man bei sich selbst kürzt und dass man bei sich nicht sparen darf. Aber bei uns kommt nochmal rechnerisch etwas hinzu, was auch, abgesehen von dem Inhaltlichen, worauf wir gleich noch kommen, aber rechnerisch kommt was hinzu, was ganz formal schon mal keinen Sinn macht.
Und da müssen wir uns jetzt mal kurz hier am 11.11. konzentrieren. Aber ich hatte ja Mathe-LK und daher übernehme ich das mal eben. Also ein Teil der VEM-Mittel, der wird mit sogenannten CAT-Mitteln verrechnet.
Der CAT ist der kirchliche Entwicklungsdienst, also kirchlicher Entwicklungsdienst. CAT. CAT.
Und die unterstützen entwicklungspolitische Arbeit, die wir ja machen. Das heißt, jeden Euro, den die eKIR an die VEM gibt, der kann bis zu 50% refinanziert werden durch diese CAT-Mittel. Wenn also, wenn man jetzt also als eKIR einen Euro einspart, bekommt die VEM einen Euro weniger.
Aber die eKIR, die spart ja gar nicht den einen Euro, sondern die spart ja nur 50 Cent, weil der Rest wäre refinanziert gewesen. Was dann einfach komplett aber wegfällt für uns. Genau, also man spart real nur 50%, verliert aber zu 100% den Gegenwert an Arbeit.
Und diese Arbeit ist ja auch konkret, die wir machen. Also die VEM macht Bildungsarbeit, Workshops, Netzwerkarbeit, Freiwilligendienste, Frauen- und Jugendprogramme, Antirassismusarbeit. Das alles passiert direkt mit Gemeinden und Einrichtungen hier vor Ort.
Und vieles davon wurde ja auch aufgebaut im Vertrauen darauf, dass der Beitrag stabil bleibt. Wenn jetzt plötzlich so deutlich gekürzt wird, trifft das genau die Bereiche, von denen Kirche immer sagt, sie seien ihr aktuell ja so wichtig. Die internationale Zusammenarbeit zum Beispiel.
Ich sitze ja im Präsidium für den Kirchentag, der ja der nächste Kirchentag in Düsseldorf sein wird. Die eKIR, die will sich international vernetzt zeigen auf diesen Kirchentag. Also plant da auch ganz viel und spart dann aber daran.
Gleichzeitig hat die eKIR die Charta der Vielfalt unterschrieben. D.h. Diversität ist ihr total wichtig. Und versucht ja auch gerade eben Antirassismus und Empowerment-Arbeit auszuweiten usw.
Und dann spart sie an uns quasi. Und genauso auch globale Verantwortung. All das schreibt die eKIR sich gut und gerne auf die Fahnen.
Aber jetzt wäre der Moment, in dem man sie auch zeigen könnte, diese Solidarität, wie viel ihr das wirklich bedeutet. Ich finde, das ist so Augenwischerei, sich sowas so auf die Fahnen zu schreiben und dann wirklich eine immense Summe sparen zu wollen. Und gleichzeitig aber mit seiner Vielfalt und Internationalität aufzutreten.
Ja, und apropos Internationalität, man muss ja auch einfach sagen, unsere Mitgliedskirchen in Asien und Afrika tragen ja auch schon finanziell die VEM längst mit. Aber so globale Ungleichheiten lassen sich ja jetzt auch nicht einfach von heute auf morgen in Anführungsstrichen wegkonsolidieren. Diese Ungleichheiten sind ja auch historisch gewachsen.
Und die Kirchen in Deutschland tragen hier eine besondere Verantwortung. Also Ökumene funktioniert nur, wenn wir das anerkennen und nicht so tun, als hätten alle dieselben Voraussetzungen. Und die VEM hat ja auch bereits über Jahre strukturell gespart und sich neu aufgestellt.
Also es wurden Stellen gestrichen, es wurden Standorte geschlossen und vieles mehr. Da ist auch einfach nicht mehr so viel Luft zum Sparen. Und darum ist uns dieser Stachel so wichtig.
Nicht irgendwie als Drohkulisse, sondern als Hinweis und als kleine Idee, dass auch ihr gerne die EKIA durch Nachrichten, eure Stimmen in Gremien oder Kontakte zu Leuten darauf hinweisen könnt, dass sie bei uns an der falschen Ecke sparen, wenn sie zukunftsrelevant in einer multidiversen Gesellschaft bleiben wollen und authentisch über Unterdrückung sprechen wollen und auftreten wollen. Und ich meine, wir wissen ja, Sparen ist nötig. Das ist jetzt nicht, also das ist die Realität.
Aber gerade auch jetzt in einer Zeit, in der Polarisierung ja auch in der Gesellschaft und in der Politik usw. zunimmt, ist unsere Arbeit ja wichtiger denn je. Ja, weil es geht am Ende ja auch nicht nur um Geld.
Also wenn ich mir überlege, woher habe ich meinen kritischen Blick auf diese Kirche? Woher habe ich den Mut, auch Dinge anzusprechen, die andere vielleicht nicht ansprechen, auf die Themen, die wir gleich noch zu sprechen kommen? Das habe ich aus der internationalen Arbeit der VOM, aus dem internationalen Kollegium, aus einem Blickwinkel und aus einer Perspektive hier gelernt, die innerhalb einer weiß-europäisch-männlich-dominiert- akademisch-dominierten Kirche überhaupt teilweise nicht möglich ist und nicht vorhanden ist. Und deswegen muss ich wirklich sagen, in einer heutigen Gesellschaft, in einer multidiversen Gesellschaft, welche Art von Kirche möchte die E-Kirche da sein in Zukunft? Will sie wirklich lokal verwurzelt und global verbunden sein? Möchte diese Kirche Relevanz haben in einer super diversen Gesellschaft? Dann braucht sie uns. Und wir brauchen euch.
Ihr nehmt Stachis, unterstützt uns. Jeder von euch kennt bestimmt... Stachis mit Herz. Stachis, ihr seid unsere Stachis mit Herz.
Also stachit mal ein bisschen rum, ja? Wenn ihr jemanden kennt, die jemanden kennt, die jemanden kennen, die irgendwo sitzen... Die in Gremien, ja, Synodale oder Gremienmitglieder. Das sind ja in der Regel auch Laien, ne? Gerade bei der E-Kirche. Ja, Laien ist übrigens auch so ein Begriff.
Da empfinde ich irgendwie so... Das klingt irgendwie so, als ob das so Halbdenkende wären. Ja, unqualifizierte Leute. Und das ist ja überhaupt nicht so.
We love you, ihr Laien. We like Laien. Ja, wir sind auch Laien, ihr Laien.
Also, allein unter Laien kommen wir zum Stachel 2. Der Stachel der Woche. Unser zweiter Stachel kommt aus Berlin. Dresden heben wir uns für... Von Düsseldorf nach Berlin hin zu Dresden.
Aber erstmal nach Berlin. Da gab es im Sommer ein Pride-Segensformat. Ein offenes Angebot, so eine Pop-Up-Hochzeit.
Ja, wer wollte, konnte vorbeischauen und sich segnen lassen. Es gibt es ja an vielen Erprobungsräumen in der Kirche Pop-Up-Hochzeiten und so. Und die haben halt so eine Pride-Edition gemacht.
Die Kirche in Berlin, die ist ja auch sehr aktiv auf dem CSD und so weiter. Also, wer wollte, konnte vorbeischauen. Und in ihrer Ankündigung stand auch, kommt alleine zu 2 zu 3 Regenbogenfamilien.
Alle sind willkommen, ohne Hürden, ohne Anmeldung. Einfach ein warmer, einladender Rahmen. Und mitten in diesem Setting hat Pfarrerin Lena Müller vier Männer gesegnet.
Eine liebenvoll gestaltete Segensfeier, nicht mehr und nicht weniger. Und dazu hat sie am 2. November ein Interview gegeben. Und hat sehr klar erklärt, das war keine standesamtliche Trauung.
Es gab keinen Eintrag ins Kirchenbuch. Theologisch fühlte sich das für die Beteiligten wie ein wichtiger Beziehungsmoment an. Aber rechtlich war es keine Trauung.
Also, die war da sehr eindeutig. Und es war in diesem Setting sozusagen eine von vielen Signoren. Und am 7. November, also fünf Tage später, kam dann ein Pressestatement der ECBO raus.
Also ihrer Landeskirche. Dort hieß es, Klarstellung der ECBO zu öffentlichen Diskussionen um eine sogenannte Poli-Hochzeit in Berlin. Die ECBO traut ausschließlich Paare, die standesamtlich verheiratet wurden.
Und dann kommt noch ein bisschen Blablabla. Und weiter dann noch, evangelische Trauung segnen die Ehe zweier Menschen. Und, ja, zweier Männer auch, aber zweier Menschen.
Also, das war so irgendwie in diesem Posting. Also es gab die Pressemitteilung und dann gab es einen Post dazu auf Instagram. Und da guckte dich dann der Bischof und die Pröbstin, die dann da mit diesen Worten, die ich gerade gesagt habe, zitiert wurden.
Die gucken dich ernst an, als ob Lena Müller irgendjemanden erschlagen hätte oder so. Also da kam jetzt noch nicht der Name Lena Müller drin vor. Aber da war es sowieso egal.
Da war das Kind schon in den Brunnen gefallen. Und erstaunlich finde ich daran, dass sie eigentlich nichts Neues gesagt haben, als das, was Lena Müller, was du gerade gesagt hast, was sie selber auch gesagt hat. Also es gab eigentlich keinen Anlass, sich öffentlich zu distanzieren zu dem, was ihre eigene Pfarrerin gesagt hat.
Also sie haben sich ja auch nicht, muss man denen schon lassen, die haben sich jetzt nicht von der Pfarrerin distanziert, sondern von den Vorwürfen. Wo auch immer die herkamen, die kamen nicht aus diesem Artikel von Lena Müller. Und trotzdem.
Die kamen dann nämlich erst. Denn dieses Statement hat dann sozusagen den Shitstorm ausgelöst. Da haben sich die Boulevard-Medien sofort das genutzt.
Und die BILD-Zeitung hat daraus reißerische Schlagzeilen gebastelt, wie sie machte aus vier Männern eine Ehe. Oder Pfarrer sollten keine Politaktivisten sein. Und da wurde halt eine riesige Empörungswelle losgetreten.
Und die richtete sich vor allem gegen Lena. Finde ich auch immer so schön, die BILD-Zeitung spricht von einer Frau und schreibt Pfarrer sollten keine Politaktivisten sein. Das finde ich immer herrlich.
Also die ECBO hat sich dann aber, als der Hass dann jetzt tobte und so, öffentlich vor sie gestellt. Und die Angriffe dann auch aufs Schärfste verurteilt. Und sowas geschrieben wie, wir sind entsetzt über so viele Angriffe und Hass auf Pfarrerin Lena Müller.
Da war dann der Name plötzlich da. Was natürlich auch richtig und wichtig war, dass sie das gemacht haben. Aber sorry, das hätte man vorher wissen müssen.
Dass in diesen Zeiten ein Shitstorm und rechte Kräfte sich mobilisieren und auf sie einprasseln, sobald man sich irgendwie öffentlich als Kirche distanziert und das Wort Poli überhaupt in den Mund nimmt. Und das ist der eigentliche Stachel. Also mit einer sensibleren Kommunikation am Anfang hätte man sowohl Lena schützen können, als auch die Menschen, deren Beziehungsformen eh ständig diskutiert und abgewertet werden.
Ja, die Unterstützung brauchen und nicht zusätzliche Projektionsflächen. Ja, und die vielleicht auch Segen brauchen. Also was ist denn auch unser Segensverständnis rein theologisch? Warum darf man die denn nicht segnen? Das darf man ja, das sagt die Kirche ja auch nicht, dass sie das nicht durfte.
Aber ich finde wirklich in diesem Ganzen, auch wenn sie dann an einigen Stellen die Kirche sich rechtfertigen werden und auch die Leute, die das vielleicht hören oder auch die Manuel dazu gesehen haben oder so, die dann sagen, ja, aber, ja, aber, ja, aber, ja, manches aber gehe ich schon mit, ist okay. Aber es hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack, wenn eine Kirche alljährlich im Sommer beim CSD mit dem Motto Liebe tut der Seele gut dabei ist und sich, wenn es wirklich drauf ankommt, so verhält. Ja, so sieht keine echte Solidarität aus.
Weil das wirkt dann auch so, als wären schöne Worte immer schnell zur Hand, aber echtes Rückgrat eher Mangelware ist. Ja, also gerade diejenigen, die ohnehin angreifbar sind, die erwarten ja auch zu Recht Solidarität dann von der Kirche. Und nicht erst, wenn der Shitstorm, den man dann selber schon mit verursacht hat, schon durchs Dorf zieht.
Ja, ja, ich habe das gestern übrigens, habe ich das unserer neunjährigen Tochter erzählt. Und nachdem ich fertig war mit der Erklärung, guckt sie mich an und sagt, Mama, was ist das für eine Scheißkirche? Da war ich so schön, dann frag ich sie doch, hast du Kontakt zu Lena? Sag ihr doch, sie soll hierher kommen. Dann dachte ich so, ja, also so, sie hat mich auch nicht so ganz verstanden, dass auch hier jetzt noch nicht der Himmel auf Erden ist.
Denn über uns allen, jetzt kommt meine perfekte Überleitung, über uns allen schwebt ja das Dach der EKD und damit kommen wir zu strukturellen Problemen, die eben nicht nur in Berlin, sondern auch hier bei uns und gerade aktuell in Dresden sind. Stachel Nummer drei. Unser dritter Stachel führt uns jetzt zur EKD-Synode 2025 nach Dresden.
Motto Kirche und Macht und ich sage es mal direkt, ich bin mir nicht sicher, ob diese Kirche sich dieses Thema so aus freien Stücken ausgesucht hat, wenn der Druck nicht so hoch wäre, dass sie jetzt endlich mal über Machtmissbrauch und Macht sprechen mussten. Ja, glaube ich eigentlich auch. Sobald Kirche Macht sagt, steht ja sofort der Elefant im Raum.
Sagt man das im Deutschen auch? Ja. Elephant in the room? Ja, ja. Sag es nochmal auf Englisch.
Sag es nochmal auf Indonesisch. Nein, da sagt man das nicht. Was sagt man da? Das Äquivalent von der Elefant im Raum? Weiß ich gar nicht, da wird das nicht drüber gesprochen.
Das ist zu peinlich, da reden wir nicht drüber, es wird unter den Teppich gekehrt und Teppiche hat man auch nicht in Indonesien. Nee, also sofort steht hier der Elefant im Raum und die Elefanten in Indonesien sind übrigens ausgestorben. Okay, kommen wir zum Elefanten in Dresden.
Das wird jetzt immer schwerer hier. Der Elefant in Dresden. Macht ist ja nicht nur Struktur.
Macht ist auch Amt, Tradition, geistliche Autorität, all das, was Kirche unterscheidet von Vereinen und nicht Regierungsorganisationen und deswegen tut es ja auch so weh, wenn sie falsch eingesetzt wird. Ja und gleichzeitig hat man oft das Gefühl, dass Kirche über Macht spricht, als wäre das so ein Uni-Seminar, also wenn jetzt viele Menschen mit vielen akademischen Titeln und so, als ob Macht nur irgendwie so ein abstrakter Begriff wäre. Und damit möchte ich gar nicht übrigens auch Uni-Seminare abwerten, die haben natürlich auch ihre Berechtigung und da haben ja auch tolle Menschen gesprochen und so.
Aber dabei zeigt die Praxis ja auch jeden Tag, Macht entscheidet darüber, wer gehört wird, wer verletzt wird, wer geschützt wird und wer eben nicht. Apropos tolle Menschen, die da gesprochen haben, unter anderem Friend of the Podcast, Alena Höfer. Dr. Alena Höfer jetzt.
Wir hatten sie noch bei uns im Podcast auch ohne Doktortitel haben wollen. Richtig, zum Thema antiasiatischen Rassismus. Hört euch die Folge gerne an, die ist richtig gut.
Und Alena war bei der Synode und hat einen Impulsvortrag an diesem Thementag gehalten und hat auch ein Interview gegeben zu dem Thema, das verlinken wir euch in den Shownotes. Und sie sagte etwas, dass man in Kirche viel zu selten laut hört. Wir reden uns gerne ein, als wären wir eine Gemeinschaft ohne Ausschlüsse, aber real existieren klare Hierarchien.
Und wer inkludiert ist, also wer dazugehört, entscheidet oft, wer draußen bleibt. Ja, exakt. Und wie Alena es beschreibt, wir leben in einer multidiversen Gesellschaft, aber unsere kirchlichen Leitungsgremien, die sehen ja überhaupt nicht so aus.
Da sitzen überwiegend Menschen, die sich erstaunlich ähnlich sind. Also sozial, vom Bildungsgrad, kulturell, theologisch. Und alle anderen müssen erstmal erklären, warum ihre Perspektiven überhaupt relevant sein können.
Ja, weil gesagt wird das ja immer, wir brauchen mehr Diversität. Klingt schön. Klingt schön, sieht schön aus auf dem Foto, auf der Broschüre, auf der Website.
Aber Diversität ist ja mehr als einfach nur tolle Fotos, sondern Diversität heißt eben auch, und das ist ja auch das Schwierige und das Schmerzhafte daran, Macht abgeben, Räume teilen, Entscheidungen aushandeln und diese Diversität auch auszuhalten. Und das führt automatisch zu Konflikten, was ja vollkommen normal wäre. Nur Kirche behandelt Konflikte halt immer noch wie Einzelfälle und meidet das ja auch.
Ja, oder wie etwas, das man irgendwie so pastoral wegmoderieren müsste. Und das ist ja auch der Punkt. Ja, Transparenz alleine reicht nicht.
Nur zu sagen, hier sind unsere Strukturen, ändert ja erstmal gar nichts, wenn die gleichen Muster weiter laufen und man an Doppeltischen sitzt. Ja, also diese Doppeltische auf diesem Bild. Ja, wozu brauche ich denn zwei Tische? Ja, das ist so unnötig, wie Chefinnen, die die größten Tische im Büro haben, aber eigentlich am wenigsten Platz bräuchten.
Sowas dient doch ausschließlich einer Machtdemonstration. Dieser große Raum. Mein Gott, was sind wir wichtig.
Aber es sind ja auch nicht nur die Tische. Es ist auch der Themenkomplex, den anscheinend viele immer noch nicht verstanden haben, der immer noch nicht verstanden wird von vielen. Also sexualisierte Gewalt in Kirche, Machtmissbrauch in der brutalsten Form.
Und viele Betroffene sagen völlig zu Recht, Vertrauen kann man nicht zurückgewinnen. In Anführungsstrichen. Also das, was auch immer gesagt wird.
Wir müssen Vertrauen zurückgewinnen. Und das kann man eben nicht, indem man es sich nur vornimmt. Ja, also es braucht Konsequenzen.
Es braucht klare Verfahren. Es braucht eine Haltung, die das Problem nicht wieder in irgendwelche Ausschüsse abschiebt, sondern es muss auch wirklich deutlich werden. Und was mich übrigens wirklich erschrocken hat war, ich habe ja dieses Reel dazu auf Instagram gepostet, wo die vielen Tische gezeigt wurden.
Und ich bin total schockiert darüber, wie viele private Nachrichten ich bekommen habe von Leuten, die das genauso sehen, aber sich nicht trauen, das öffentlich zu sagen. Weil sie in irgendwelchen Abhängigkeiten stehen und Angst haben, ihren Job oder ihre Karriere oder weiß Gott was zu gefährden, wenn sie so deutlich sprechen würden. Also die trauen sich das nicht mal in den Kommentarspalten zu schreiben, was sie mir als private Nachricht schreiben.
Wie bitter ist das denn bitte? Also das zeigt mir nochmal mehr, wie frei wir hier in der VOM sind, auch Dinge anzusprechen, weil wir nicht in einer Abhängigkeit dieses Systems so direkt stecken. Und wir sogar einen Chef haben, der irgendwie heute Morgen kam und mich für das Video gelobt hat. Ja stimmt, nach der Andacht, genau.
Ja und ich meine, das ist ja auch das, was Alena anspricht, dieses Ungleichgewicht. Kirche will einerseits niemanden verlieren, das sagen sie ja auch immer, aber außer diejenigen, die eh schon am Rand stehen. Also das ist die Machtfrage, wen schützen wir und wen nicht.
Ja und darum könnte das Thema Kirche und Macht ja eigentlich auch ein Versprechen sein. Also ein großes, aber ein Versprechen, das man dann auch einlösen muss. Wenn Kirche eine Zukunft haben will, dann nicht als nostalgische Institution, die sich selbst pflegt, sondern als machtkritische, konfliktaugliche, diversitätssensible Kirche.
Eine Kirche, die versteht, dass Macht nicht das Problem ist, sondern der Umgang damit. Also Macht ist ja nicht per se böse. Neutral eigentlich, ne? Ja genau, aber unreflektierte Macht macht Menschen kaputt und verletzt Menschen.
Und genau da entscheidet sich, ob diese Institution glaubwürdig bleibt oder nicht. Ob sie wirklich auch dahinter steht, was sie sagt oder ob sie es wirklich einfach nur sagt, weil es gerade so gewünscht wird, dass es gesagt wird. Also wer Kirche und Macht auf die Synode schreibt, muss sich daran messen lassen, wie ernsthaft er oder sie bereit ist, Macht zu teilen.
Also das muss sich wirklich jede Person, die da sitzt, aber auch die in vielen anderen Synoden und Entscheidungsgremien in der nächsten Zeit sitzt, muss sich wirklich ernsthaft diese Frage stellen, will ich mich daran messen lassen. Und wenn ich mich daran messen lasse, Macht zu teilen, dann muss das auch praktisch umgesetzt werden. Dann muss gut überlegt werden, wo wird gespart, wo wird investiert, wie verhalten wir uns, wie gestalten wir Doppeltischräume.
Aber auch, wen lassen wir zu Wort kommen, wem wird zugehört. Und gerade dann denjenigen, die in dieser Kirche vielleicht bisher viel zu wenig Raum bekommen haben, dass ihnen zugehört worden ist. Vielleicht müsste diesen Menschen in diesen Zeiten mal zugehört werden, ernsthaft zugehört werden, diese Menschen mit an den Tisch geholt werden.
Sonst bleibt es halt einfach nur bei den schönen Worten und davon haben wir in Kirche ja wirklich genug. Und trotzdem wollen wir auch hier mit schönen Worten enden mit unserem Herz der Woche. Etwas fürs Herz.
Herzilein, du bist unser Herzilein, bring's Herz mit. Also ein Herzilein, den wir immer wieder gerne zitieren, ist der Autor James Baldwin. Und gerade auch passend zu den Stacheln, habe ich ein Zitat rausgesucht, ich weiß gar nicht, kann man das so auf Deutsch, ich sage es erst mal auf Englisch und dann übersetze ich es so sinngemäß ins Deutsche.
Not everything that is faced can be changed, but nothing can be changed until it is faced. Also nicht alles, dem wir uns stellen, lässt sich sofort verändern, aber nichts wird sich verändern, wenn wir uns dem nicht stellen. Und ich finde, das passt einfach gut, weil wir müssen, also das ist ja auch etwas, was Kirche sich oft wünscht, immer so Lösungen.
Was müssen wir jetzt machen? Patentrezept, Schritt eins, zwei, drei. Sondern wir müssen nicht immer alles sofort lösen. Manchmal finden wir nicht sofort eine Lösung und manchmal ist das dann halt auch schmerzhaft und dann müssen wir das aushalten, dass wir jetzt ein Problem angesprochen haben und dass wir nicht sofort lösen können.
Aber wir können gar nichts lösen, wenn wir Sachen nicht offen ansprechen. Ja, und gerade jetzt bei dieser Folge mit diesen drei Stacheln und so, finde ich, ist genau das so wichtig. Das fühlt sich so wichtig an in dieser Folge auch, wo wir darüber reden, weil Veränderung kommt nicht, wenn alles glatt und perfekt ist.
Es waren immer Menschen, die auch aufgerüttelt haben, die Widerworte gegeben haben, wo es auch zu Streitigkeiten und so kam. Und um überhaupt diese Systeme auch zu dekonstruieren, um auch Herrschaftsverhältnisse zu verändern. Und Schritt für Schritt und irgendwie ohne Anspruch auch auf individuelles Heldentum oder so, sondern mit einem offenen Blick, weil letztendlich wollen wir ja alle das Gleiche.
Wir wollen eine Kirche bleiben, die im Ursprung treu ist und die relevant ist in einer Zeit, in der es wirklich nötig ist, dass es eine Kirche gibt, die zukunftsweisend ist, die Hoffnung bringt und die sich an die Seite derer stellt, die am Rande stehen. Und soweit die Folge heute. Amen.
Haben wir drei Stacheln, aber… Drei Stacheln. Drei, ja, Stacheln. Sagt man Stacheln? Ist Stacheln plural? Drei Stacheln.
Ja. Ohne N, ne? Ja, ohne N. Drei Stachis. Ich bin kein Native Speaker, jetzt hör mal auf hier.
Drei Stacheln, also wirklich Bonus pur für euch heute. Und trotzdem ist die Folge gar nicht so lange geworden. Wir hoffen… Hätten wir auch noch über Hafti reden können.
Oh Gott, hör mal auf. Naja, da haben viele zu geredet. Manche… Wir müssen nicht über alles sprechen.
Guckt auch da machtkritisch drauf. So, machtkritische Grüße gehen raus, ihr lieben Stachis. Wir sind froh, dass wir euch haben.
Ihr seid unsere Hoffnung für eine Kirche der Zukunft. Bis zum nächsten Mal. Halleluja.
Dies war ein Podcast der Vereinten Evangelischen Mission. Wir hoffen, die heutige Folge hat dir gefallen und zum Weiterdenken und Nachfragen angeregt. Falls ihr Fragen an uns habt oder uns Feedback geben wollt, freuen wir uns sehr darüber.
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Danke für eure Unterstützung, fürs Reinhören und vor allem für all die Menschen, die den Podcast inhaltlich und persönlich mit Beiträgen bereichern. Bis dahin mit den besten Grüßen von der VAM aus Wuppertal.
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