Und gleichzeitig... - mit Jasmin Sturm
Shownotes
Und gleichzeitig – Ambiguitätstoleranz als Superkraft
Thema: Ambiguitätstoleranz, Gleichzeitigkeit und wie wir Spannungen in Beziehungen, Kirche und Gesellschaft halten können
In dieser Sommerfolge sprechen Sarah Vecera und Thea Hummel mit Jasmin Sturm (Illustratorin, Texterin, Farbflausen) über Ambiguitätstoleranz – die Fähigkeit, Mehrdeutiges und Widersprüchliches auszuhalten. Ausgehend von Jasmins Buch „Und gleichzeitig“ geht es um Sprache als Schlüssel („aber“ durch „und gleichzeitig“ ersetzen), das Rumi-Bild vom Ort jenseits von Richtig und Falsch und darum, wie wir handlungs- und dialogfähig bleiben.
Highlights der Folge:
Was Ambiguitätstoleranz ist – und warum sie wehtut: Zwischen Eindeutigkeitssehnsucht und der Kunst, Komplexität stehen zu lassen.
Sprache, die Räume öffnet: Wie „und gleichzeitig“ Fronten löst und Gespräche auf Augenhöhe ermöglicht.
Bilder, die tragen: Häuser/Hügel statt Wahrheitsanspruch, Rollläden runter vs. das Haus verlassen; Regenbogen als Metapher für koexistierende Unterschiede.
Praxis statt Perfektion: Vom Stoffwindel-Beispiel bis Klima-Frust – wie wir Ideale und Überforderung gleichzeitig anerkennen.
Wirkung im Großen: Ambiguitätstoleranz stärkt Handlungs-, Dialog- und Beziehungsfähigkeit – in Freundschaft, Familie, Politik und Kirche.
Zu Jasmin: https://farbflausen.de/ Insta: @farbflausen direkt zum Buch: https://www.farbflausen-shop.de/shop/Buch-und-gleichzeitig-p743870266
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Transkript anzeigen
Stachel und Herz 08.25.02
Ich bin traurig über Kriege und Krisen und gleichzeitig lache ich mit meinen Kindern. Ich bin stark und gleichzeitig verletzlich. Ich spüre die Last der Welt und gleichzeitig finde ich kleine Lichtblicke im Alltag.
Ich mache Fehler und gleichzeitig wachse ich daran. Ich glaube und gleichzeitig zweifle ich. Ich freue mich über Erfolge und gleichzeitig habe ich Angst vor dem Scheitern.
Ich schaffe so viel und gleichzeitig reicht nie alles. Ich liebe mein Kind und gleichzeitig wäre ich manchmal gern nur ich selbst. Herzlich willkommen zu unserer lang ersehnten Folge und gleichzeitig mit Jasmin Sturm.
Es war so ein schönes Gespräch und seitdem wir es geführt haben, sagen Thea und ich ganz oft und gleichzeitig, es ist ansteckend. Total. Ja, das war ein wunderschönes Gespräch mit Jasmin Sturm, die ist Illustratorin und Texterin und das Gesicht hinter Farbflausen, auch so unter Instagram zu finden.
Und Farbflausen hat, ich muss nochmal einmal kurz schwärmen, es gibt so schöne Sachen bei Farbflausen. Wirklich, schaut mal rein. Poster, Karten, also die Kinderzimmer meiner Kinder sind auch voll behangen mit Affirmationen und es ist einfach, es ist illustratorisch, grafisch, ästhetisch so schön, vielfaltssensibel in jeglicher Hinsicht, also intersektional auch und einfach in diesen Worten, die dann auch noch so, also es ist einfach ganz wundervoll, was Jasmin macht.
Sie macht so eine wunderbare Arbeit und gleichzeitig schreibt sie auch wunderbar. Zum Beispiel, ich zitiere einmal kurz von ihrer Webseite. Wenn du auf der Webseite klickst über mich, dann steht zuerst ein Zitat von ihr und dort steht, ich male, damit Menschen weniger weinen müssen oder mehr weinen können.
Und manchmal sammle ich für meine Arbeit Kastanien oder Ostseekiesel und manchmal lege ich am Boden herum und dann schreibe ich noch Texte über Gleichzeitigkeit und das Leben. Wir wollen euch gar nicht so viel vorwegnehmen und gleichzeitig geht es ja in unserer Folge, also dieses und gleichzeitig ist einfach nur eine andere Art und Weise, über Ambiguitätstoleranz zu sprechen. Darüber sprechen wir nämlich vor allem heute.
Was ist das? Was ist das auch für eine Superkraft? Also sie spricht da auch von ihrer Superkraft, wenn es um Ambiguitätstoleranz geht. Welche Hoffnungsperspektiven erweisen sich daraus? Es geht, wie du schon gesagt hast, in ihrer Arbeit um gerechtere und vielfältigere Gesellschaft, Inklusion, Sichtbarkeit. Sie hat auch einen Online-Shop, wo sie ihre Produkte vermarktet, sie, ihre Bücher erscheinen im Eigenverlag.
Genau. Und das Buch, über das wir vor allem sprechen und gleichzeitig darüber reden wir halt auch und wir verlinken euch das alles. Genau, genau.
Man kann sie auch für Lesungen und Vorträge buchen. Sie schreibt und illustriert auch Bücher anderer, also oder illustriert auch Bücher anderer AutorInnen. Und warum, worum es ihr in ihrer Arbeit geht, was ihr wichtig ist und warum Ambiguitätstoleranz so ein wichtiger Begriff für sie ist und was das für sie bedeutet, darum geht es in dieser Folge.
Es ist ein schönes Sommergespräch, finde ich, weil es so tief geht und gerade nochmal auch nach der letzten Folge. Ich finde, ich weiß gar nicht, ob Ira und Jasmin sich kennen. Die würden auch gut zusammenpassen, finde ich so.
Also und es sind einfach zwei so schöne Gespräche im August, die wir mit euch teilen wollten, weil der Sommer ja auch so eine Zeit ist, wo man nochmal über Dinge auch über sich selbst reflektiert und nachdenkt und Zeit hat. Und das wünschen wir euch einfach. Und damit gehen wir rein.
Viel Spaß beim Hören. Ich finde, Stachel und Herz ist ja die, die, das ist ja und gleichzeitig. Ja, Stachel und Herz.
Das passt voll gut. Ja, und damit herzlich willkommen, Jasmin. Schön, dass du da bist.
Herzlich willkommen bei Stachel und Herz. Und gleichzeitig. Ich freue mich auch sehr.
Wir stellen immer diese Frage. Was sind drei Fun Facts über dich, die man nicht googeln kann? Ich habe mich echt hart getan damit. Was hat ich darüber nachgedacht? Was an Facts kann ich? Die schwierigste Frage für die meisten.
Schon, ja. Und ich habe das dann in meiner Insta-Story erwähnt, dass ich mich damit so beschäftige. Und später daraufhin habe ich gute Vorschläge bekommen.
Und die nehmen wir jetzt. Ich besitze eine erstaunlich große Anzahl an Lichterketten. Ich habe versucht, sie zu zählen.
Ich glaube, es sind über 40. Eine genaue Anzahl habe ich nicht. Die meisten davon sind Seidelichterketten.
Was für Lichterketten? Seidelichterketten. Und sind die auch alle gleichzeitig im Einsatz? Oder ist es so, zu Weihnachten werden die und die rausgeholt? Ich habe schon viel zu viele Lichterketten immer gleichzeitig an. Darüber sprechen wir nicht.
Aber wir haben jetzt auch nicht darüber gesprochen, wie viele Solarpaneele im Garten sind. Windräder im Garten und so. Das große Licht darf niemals angeschaltet werden.
Das ist eine Devise, finde ich auch. Also allerseltenst. Prinzipiell.
Bei Hausaufgaben. Es ist immer ein bisschen Weihnachtsatmosphäre. Das ist schön.
Überall. Ich kann erstaunlich viele Gerichte auf einer Kochplatte kochen. Auf einer Kochplatte, also quasi alle.
Ich habe im Atelier so eine Kochplatte, auf der ich mittags koche. Und da geht eigentlich alles. Also ich habe schon Pizza und selbstgemachte Klöße mit Rotkraut und Soße und eigentlich alles.
Rotkraut. Rotkohl. Für alle Leute.
Ich habe es aber verstanden. Ich auch. Ich dachte, das wäre Blaukraut.
Bleibt Blaukraut. Und Brautkleid bleibt Brautkleid. Vielleicht ist es der Mix, weil ich eigentlich nicht aus Bayern komme.
Ah, deswegen bist du sozusagen. Vielleicht. Aber Franken ist auch nicht Bayern.
Und gleichzeitig. Das stimmt. Das habe ich auch schon mehrfach sehr betont bekommen.
Aber warte mal kurz. Franken ist aber ja kein eigenes Bundesland. Gehört das zu Bayern-Württemberg dann? Oder ist das bayerische Kommunität? Nein, nein.
Aber darum geht es ja nicht, Sarah. Entschuldigung hier. Also ich muss hier auch ein bisschen Hate vorbeugen.
Das hat mit den Bundesländern nichts zu tun. Trotzdem ist Franken nicht Bayern. Ja, aber noch mal kurz.
In der Schule muss man irgendwann in der siebten Klasse mal so Bundesländer. Vollkommen irrelevant, Sarah. Was willst du eigentlich, was noch für Shitstorms auf uns zukommen? Wirklich, du musst ein bisschen vorsichtig sein.
Franken ist nicht Bayern, Söder ist nicht unser Ministerpräsident und Erlangen ist schon die beste Stadt. Okay, gut. Da bleibt es jetzt stehen.
Helau. Helau, weißt du noch? Habe ich Köln Helau gesagt? Oder habe ich das in Alarf gesagt? Du hast in Köln Helau gesagt. Gut, also Fun Fact 3. Und immer wenn ich im Atelier koche, geht der Rauchmelder an.
Das gehört auch noch dazu. Das ist der Kannan-Effekt. Meine Nachbarschaft hat sich dran gewöhnt.
Ich finde sowieso, wir haben das zu wenig gewürdigt, finde ich. Ich finde das krass. Pizza auf einer Kochplatte ist ja sowieso schon krass, aber dass du sozusagen ganze Gerichte, auch so dreiteilige Gerichte, also so ein One-Pot-Ding daraus machst.
Ich finde, das ist ein Kochbuch wert. Ich kann es leider gar nicht mit Mengenangaben. Also ich kann es nicht benennen, wie viel das ist.
100 Gramm ein Kilo kann ich nicht unterscheiden. Irgendwas tut man rein. Ich kann mich aber auch nicht an Rezepte halten.
Deswegen kann ich auch keine Kuchen backen, weil die immer... Entschuldigung, ich habe gerade getrunken. Aber es wäre ja auch ein schönes Projekt. Wir reden ja auch gleich über deine Bücher und deine Illustrationen.
Und wir mal gucken, was noch so passiert im Leben. Du brauchst nur eine Co-Person, die dann die Einheiten misst. Ja, oder es ist dann sowas wie eine Handvoll davon, eine Prise davon.
Ja, bis es schmeckt. Davon, genau. Einfach je nach Gefühl ein bisschen was davon.
Wenn du es fühlst. Ja, ich habe ein bisschen gesagt, es tut mir leid, Sarah. Sarah hat mich ja letztens darauf hingewiesen.
Also, liebe Hörerin, liebe Jasmin, wenn man uns so hört, könnte man meinen, dass Sarah und ich uns sehr lieb haben und sehr gern haben und gerne zusammenarbeiten und auch tatsächlich in real life befreundet sind. Und auch deswegen mit einer gewissen Offenheit auch miteinander begegnen können und uns auch Sachen sagen können, die mal unangenehm sind. Und trotzdem hat es mich so hart getroffen, als Sarah mir letztens offenbart hat, dass es total cringe ist, dass ich manchmal Ruhrpott-Slang verwende.
Ja, stehe ich auch zu. Ich bin zutiefst verletzt. Nein, du kommst ja auch nicht aus dem Ruhrpott.
Ich komme so ähnlich aus dem Ruhrpott. Nee, ähnliche Ruhrpott gibt es nicht. Es gibt Ruhrpott und das gibt es einfach nicht.
Tim Bensworth bei irgendeiner Show am Wochenende, wo ich so durchgesappt bin, gesagt, Düsseldorf liegt im Ruhrpott. Ich bin abends um 10 Uhr müde geworden. Bin fast von der Couch gefallen.
Ich komme aus einem wirklich kleinen Dorf am Rand vom Westerwald und immer, wenn man dort mit Leuten spricht, sagen sie, wir sind ja fast Köln. Also fast. Der dritte Funfact ist, dass ich Eros Ramazotti mehr liebe, als ich sollte.
Es gibt kein zu viel in dieser Hinsicht, glaube ich. Ist doch ein Lied von dem, oder? Ja, ist ein Lied von dem. Und immer, wenn ich mich nicht gut fühle und der Tag nicht so gut ist, dann reißt es das aus.
Das ist also sozusagen dein geheimes Energie... Ich weiß nicht, ob ich so weit gehen würde. Das ist so eine Trostquelle. Da bin ich ein bisschen drüber.
Auf jeden Fall, genau. Vielleicht schließt man dann die Augen und denkt... Es funktioniert bei mir. Ich kann mich nicht dagegen wehren.
Es macht irgendwas in meinem Gehirn. Ja, Toskana-Vibes oder so. Und es macht irgendwas in mir mal wieder ein bisschen heil.
Ach, schön. Mensch, der Eros. Wenn er das wüsste.
Aber vielleicht hört er ja diese Folge. Ganz bestimmt. Ach, schön.
Das war so ein 90er-Ding, oder? Das war schon, glaube ich, so ein 90er-Ding. Ich war auch, habe ich eben schon erzählt, auf einem Konzert von ihm. Und habe knalllos Konzert-T-Shirts von ihm auch in der Schule angezogen und überall.
Völlig zurecht. Er ist auch ein bisschen hot, oder? Ich habe ihn jetzt nicht mehr so vor Augen. War der nicht gut aussehend? Kann ich nicht beurteilen.
Der Name sagt mir was, aber das Gesicht habe ich gerade nicht so. Tja, das beurteilt ja jede Person für sich selbst, wenn man so hot findet. Wir gehen da jetzt nicht näher drauf ein.
Nein, tun wir nicht, weil da gehen unsere Ansichten auch auseinander. Er war mit Michel Hunziger zusammen. Ja, stimmt.
Michel Hunziger. So, okay. Nach der Folge von der Toskana an die Ostsee.
Was bedeutet dir die Ostsee? Die kommt dir öfter mal vor in deinem Leben. Auch vielleicht mehr als sie sollte. Die Ostsee, die ist das, was du eben gesagt hast.
Weiß nicht, was du zu Eros gesagt hast, aber die ist... Kraftquelle, Trostort. Trostort, schon. Immer, wenn ich da... Ich fahre meistens mit den öffentlichen Verkehrsmitteln hin.
Von Franken aus? Ja. Das ist wunderschön. Von Bayern aus.
Von Erlangen aus. Von Württemberg. Es ist ganz bezaubernd.
Du bist wirklich drauf angekommen. Wie viel Hate kann man auf sich ziehen? Sarah, hold my beer. Hold my Weizen.
Okay. Wir waren an der Ostsee. Wenn ich da einbiege, dann tut es auch was mit meinem Körper.
Und alles fällt ab. Ich habe das Gefühl, es ist einfach ein guter Ort, wo ich mich selber so doll spüre. Und wo alles abfällt.
Und wo ich irgendwie aufgeladen werde. Warst du schon als Kind an der Ostsee? Oder hast du es in erwachsenem Alter entdeckt? Wir waren als Kinder an der Nordsee. Ich bin im Erwachsenenalter das 1. Mal in die Ostsee.
Das war direkt sehr große Liebe. Wir haben einen schönen Ort mit sehr viel Ruhe, wenigen Menschen und ganz viel Ästhetik. Ich finde es einfach wunderschön.
Die Kombination aus Geräuschen, Gerüchen, Farben, aus allem. Und der Abwesenheit und der gleichzeitigen Reizstimulation. Das ist wunderschön.
Ich fühle da sehr viel Frieden und Kreativität. Und auch einen geistlichen Zugang. Das höre ich auch mal an, die Ostsee.
Ich war noch nie so richtig bewusst an der Ostsee. Wir waren auf Rügen letztes Jahr. Ich war auch schon mal auf Rügen.
Ich war ja so bewusst. Ich war auch mindestens einmal im Jahr in die Nordsee. Und bin eher so ein Nordseekind.
Das hat auch viel mit Gefühlen aus meiner Kindheit zu tun. Die ich als wunderschön erlebt habe. Und deswegen auch immer noch dieses Gefühl an der Nordsee habe.
Mein Mann kommt immer mir zu Liebe nur mit, weil der hat diese Kindheitsgefühle nicht. Und ich glaube, wenn man nicht so Bezug aus der Kindheit zu der Nordsee hat, dann macht die auch mit vielen Menschen nichts so richtig. Ich mag die Vorhersagbarkeit auch.
Dass es immer gleich ist. An der Ostsee. Weil an der Nordsee ist ja nicht immer gleich.
Wegen Ebbe und Flut? Ja. Oder was meintest du jetzt gerade damit? Moment mal kurz. An der Ostsee gibt es doch nicht so viel Ebbe und Flut, oder? Ich fahre an denselben Urlaubsort.
Und ich habe eine Liste auf meinem Handy, was ich im Supermarkt in welche Reihenfolge, in welchem Regal kaufe. Es ist alles immer gleich. Dadurch kann ich mich nicht mehr freilassen.
Du hast eine Liste auf deinem Handy, wie du in der Reihenfolge des Supermarktes die Sachen einkaufst. Das finde ich genial. Machst du das immer oder nur da an der Ostsee? Mit der Einkaufsliste? Normalerweise bestellen wir online bei Wewe.
Okay. Aber ich habe Packlisten für alle Gelegenheiten, die perfekt sortiert und perfekt ausgearbeitet in meinen Handynotizen sind. Zu der Packliste gehört auch eine Essensliste für die Ostsee, weil wir immer das gleiche essen.
Das steht dann da, was wir dafür einkaufen müssen, in der Reihenfolge, in der es im Supermarkt erscheint. Oh mein Gott, ich wäre gerne ein Drittel so organisiert wie du. Es ist super anstrengend, dieses im Kopf stattzufinden.
Meine Notizen-App ist einfach nur Kraut und Rüben. Das ist so durcheinander. Das kannst du keinem erzählen.
Jetzt habe ich es schon wieder gemacht. Entschuldigung. Jetzt bin ich total, was heißt self-conscious? Was ist self-conscious? Wenn man ständig darauf achtet.
Jedes Mal, wenn ich etwas Ruhepottiges ... Was hast du denn Ruhepottiges gesagt? Das kannst du keinem erzählen. Das ist doch Ruhepott, oder? Du sagst das halt so, wie du das sagst. Wie sage ich es denn? Okay, weiter.
Die Liste, das finde ich ... Wir machen auch immer am selben Ort Urlaub. Ich verrate ja auch nicht mal das Land, wo ich bin. Bei einem Urlaubsort, bei einem anderen schon.
Egal. Das finde ich auch richtig entspannt, gerade mit Kindern. Die Kinder müssen sich dann nicht neu orientieren.
Hättest du mir das vor 15 Jahren erzählt, hätte ich gesagt, was ist das denn für eine Spießerin? Wie langweilig ist ihr Leben? Ich liebe es, wir lieben es alle. Aber das mit der Liste, das muss ich mir merken. Das ist total gut.
Das ist wirklich total gut. Dein Buch, haben wir schon erwähnt, das heißt Und gleichzeitig. Du gibst da viele konkrete Beispiele für Und gleichzeitig.
Was war denn in der letzten Woche dein Lieblings- und gleichzeitig-Moment? Ich hatte eine Begegnung mit einer nahestehenden Person, die theologisch, glaube ich, an einer ganz anderen Stelle steht als ich. Wir haben uns unterhalten. Es war klar, sie fühlt es anders.
Sie wird es anders entscheiden. Sie wird es anders einordnen. Wir haben uns aber gegenseitig ganz doll so stehen lassen können, wie es war.
Dann hat sie hinterher gemeint, hey, du machst es gut. Das fand ich so schön und so berührend. Ich habe gedacht, das ist unglaublich verbindend, wenn in Beziehung Und gleichzeitig stattfinden kann.
Ich sehe das anders als Du und gleichzeitig. Es ist für dich gut. Ja, das finde ich, was so fehlt auch in der Welt.
Wenn wir das gleichzeitig auch öfter stehen lassen könnten, in der Begegnung, in der zwischenmenschlichen und das nicht so zerreißen würden oder einander bewerten oder auch an Kategorien zu denken, das ist total schön. Das gefällt mir auch einfach richtig, richtig gut an deinem Buch. Der Inhalt, aber auch, wie es aufgemacht ist.
Du bist ja Autorin und Illustratorin. Das ist einfach was total Schönes in dem Buch. Du erzählst viel Persönliches.
Und eben auch diese Tipps da drin und so. Lest dieses Buch einfach, auf jeden Fall, alle, die ihr zuhört. Ihr findet das in unserem Show-Notes, den Link auf jeden Fall.
Aber kommen wir noch mal zu persönlichen Dingen. Im Buch erzählst du von Stoffwindeln als Wendepunkt, wo dein Konzept von Eindeutigkeit bröckelte. Also quasi das, ja, kann man sagen, Eindeutigkeit ist das Gegenteil von ungleichzeitig.
Aber magst du vielleicht diesen Moment noch mal schildern, um so einen kleinen Einblick auch zu kriegen und auch zu teilen, was da emotional los war? Also das mit den Stoffwindeln, das war nicht der eine Moment, sondern das war ein Moment, den ich fürs Buch rausgegriffen habe. Also ich schreibe im Buch, mein Konzept von Eindeutigkeit bröckelte und das tat es schon lange, nachdem ich die Geschichte mit den Stoffwindeln erzählt habe. Und ich habe das rausgegriffen, weil ich einen Einstiegsmoment wollte, wo Menschen mitgehen können, der für sie greifbar ist, ohne dass sie sich persönlich angegriffen fühlen.
Und ich dachte, das ist irgendwie was, was Menschen verstehen können, ohne dass sie das wahrscheinlich direkt sehr auf sich beziehen und wollte sie so mitnehmen. Und deswegen habe ich das rausgegriffen. Und tatsächlich hat es aber schon lange gebröckelt.
Nämlich im Wesentlichen und vor allem überall da, wo theoretische Vorstellungen oder Moralkonzepte vielleicht auf Praxis gekracht sind. Und das schon viel im Bereich Nachhaltigkeit. Das ist auch das, was ich bei den Stoffwindeln erzähle.
Ich war überzeugte Verwenderin von Stoffwindeln für meine Kinder und hatte hohe Ideale, das auch mit Zwillingen im Lockdown durchzuziehen. Hat nicht funktioniert. Und bei vielen anderen Nachhaltigkeitssachen, aber schon auch bei Elternschaftsthemen, auch bei theologischen Themen.
Und das ist ein Prozess über viele Jahre gewesen. Und das mit den Stoffwindeln war ein sehr greifbarer Moment. Wie ich diese wunderschönen Windeln bei Ebay verkauft habe.
Und dachte mir, die sind so schön. Und die sind so süß darin, die Babys. Und gleichzeitig war ich so erleichtert über diese Weckbefindeln, die wir dann gekauft haben.
Und ich muss da irgendwie auch daran denken, was du vorhin über die Ostsee gesagt hast. Also dass es wichtig ist, diese Gleichzeitigkeiten auszuhalten. Davon sprichst du ja auch in dem Buch.
Aber gleichzeitig auch, dass es so eine Sehnsucht nach Beständigkeit trotzdem auch gibt. Und nach Eindeutigkeit. Also sowas wie die Ostsee ist ja so ein ... Da ist alles immer gleich.
Da habt ihr eure Abläufe. Da habt ihr euer Essen, was ihr immer esst. Das ist immer der gleiche Ort.
Und ... Darüber schreibst du ja auch in dem Buch. Es ist eine Liebeserklärung. Aber du schreibst auch von dieser Gleichzeitigkeitserschöpfung.
Also dass das auch an den Kräften zehren kann. So bist du zum Beispiel Mutter von vier Kindern. Eins davon ist behindert.
Und gleichzeitig führst du ein Unternehmen. Ist das so ein Beispiel dafür? Nee. Ich glaube, dass Gleichzeitigkeit in verschiedener Weise da sein kann.
Und auch in verschiedener Weise Gefühle in uns auslösen kann. Ich glaube, es gibt Gleichzeitigkeit, die uns entlastet oder ein positives Gegengewicht schafft. Und auch Gleichzeitigkeit, die unglaublich anstrengt.
Und tatsächlich die Tatsache, dass es Farbflausen gibt, ist eine Sache von ganz wunderschön geschaffener Gleichzeitigkeit. Die mich sehr glücklich macht. Du sprichst ja auch von Farbflausen als nicht nur dein Beruf, sondern als Burnout-Prophylaxe hast du es auch beschrieben.
Ja, ich habe auch im Buch geschrieben, ich schaffe Farbflausen nicht trotz meinem Familienleben, sondern ich schaffe mein Familienleben wegen Farbflausen. Und das ist ganz toll so. Wir hatten 2020 einen Moment, wo ich mit all diesen Kindern im Lockdown war und all diese Kinder haben geweint und sie waren sehr klein und sehr bedürftig.
Und ich habe gemerkt, ich kann das nicht mehr, ich kann nicht diese Vollzeit- Mutterrolle ausfüllen. Und ich muss mehr Gleichzeitigkeit schaffen. Im allerbesten Sinne.
Und ich muss schauen, dass ich irgendwie vorkomme und Selbstbestimmung erlebe. Und ich glaube, dass bei uns das Familienleben so krass und so intensiv ist, dass ich was genauso Krasses und Intensives und Dolles brauche, um da gegenhalten zu können. Und das, was genauso einen krassen Gegenreiz produziert.
Und Farbflausen ist auch richtig doll. Das ist echt richtig doll. Also ich meine, dein Buch bringst du jetzt im Eigenverlag raus.
Wir haben gerade vor Aufnahme auch noch ein bisschen über Eigenverlag und Verlag und so geschrieben. Das ist ja auch noch mal eine krasse Aufgabe. Also ich frage mich, wenn ich dich so höre, zwischen Selbstfürsorge.
Also ich sehe dich bei Instagram auch manchmal alleine an der Ostsee. Also ich weiß nicht, ob du dann auch wirklich alleine bist oder ob du auch alleine hinfährst. Aber ich glaube schon auch.
Auch zum Schreiben und so warst du da. Und auch Fotos machen und so. Und naja, jedenfalls du schaffst, in meiner Wahrnehmung, auf dich zu achten, Selbstfürsorge zu betreiben.
Dann die Elternschaft. Dann die Pflege. Und dann noch die künstlerische Arbeit.
Da frage ich mich so krass. Wie schaffst du es da, Balance zu halten oder auch bewusst nichts zu finden? Oder wie funktioniert das bei einem Tag, der 24 Stunden hat? Gar nicht. Aber das kann ja sein.
Ist das das Geheimrezept sozusagen? Ich glaube, dass Vereinbarkeit in dem System, in dem wir leben oder in dem wir alle leben, letztlich eine harte Lüge ist und es immer ein Abwägen von Gleichzeitigkeit und was lass ich runterfallen ist. Viele sieht man ja auch online einfach nicht. Oft schreibe ich nicht, wie toll es ist, weil ich denke, das gehört nicht hier hin.
Und objektiv ist es natürlich so, dass es einfach ein heftiger Balanceakt ist. Und wir natürlich auch an manchen Stellen privilegiert sind, in dem Sinne, dass wir zum Beispiel tolle Menschen in unserem Leben haben, die auch Teil von einem Familiensystem sind. Ich versuche es so gut zu machen, wie ich es kann und habe tatsächlich diese radikale Form von Selbstversorge, wie ich war jetzt tatsächlich alleine an die Ostsee relativ spät erst gekonnt, weil das mit den Kindern erst spät möglich war.
Und habe das gelernt, weil die Erschöpfung so groß war und brauche das als Anker und finde es auch wichtig, in all dem immer klar zu haben, dass meine Kinder nicht für mein Glück verantwortlich sind. Also ich möchte so gut für mich sorgen, dass ich ihnen nicht irgendwie das Gefühl gebe von ja, es ist alles nur anstrengend und es kostet alles nur so viel, sondern ich mag gut für mich sorgen, für mich und für uns alle und versuche diese Gleichzeitigkeit zu halten und einfach ist es nicht. Und manchmal gelingt es und manchmal gelingt es nicht.
Aber das finde ich auch nochmal krass, dass du sagst, diese Gleichzeitigkeit kann total zehrend sein und einen erschöpfen, aber auch diese Gleichzeitigkeiten, die können einander auch aufbauen und das eine kann dem anderen, also das eine kann dir Kraft verleihen für das andere. Ich glaube, es gibt selbstgewählte Gleichzeitigkeit und nicht selbstgewählte Gleichzeitigkeit. Sag da nochmal zu.
Es gibt Gleichzeitigkeit, den wir ausgesetzt sind. Davon schreibe ich auch ein Buch in Kapitel 2, also die Gleichzeitigkeiten, die uns einfach umgeben, in dieser Welt zu leben mit allem, was dazu gehört zum Beispiel und all die Gegenpole auszuhalten, die da sind. Leben und Tod, Tag und Nacht, Wurzeln und Flügel und all das.
Krieg und Frieden. Genau. Globale Krisen und Alltag, das sind die Dinge, gegen die wir nichts tun können, die einfach da sind und mit denen wir umgehen müssen.
Und dann haben wir an manchen Stellen die Möglichkeit uns selbst Gleichzeitigkeit zu schaffen im allerbesten Sinne und wenn wir das schaffen, dann kann das eine große Ressource sein und das ist das, was ich versuche und gleichzeitig all die nicht selbstgewählten Gleichzeitigkeiten auszutarieren. Voll schön. Du zitierst Rumi, jenseits von richtig und falsch liegt ein Ort, dort treffen wir uns.
Das erinnert mich jetzt so ein bisschen an die Begegnung, die du gerade aus der letzten Woche geschildert hast. Für Menschen, die das Wort Ambiguitätstoleranz noch nie gehört haben. Euch haben wir jetzt erwischt, weil dann habt ihr die letzte Folge nicht gehört.
Mit Tobias Falks. Oder vor der letzten Folge. Ich muss durcheinander denken.
Das ist die letzte Folge, die zur Zeit der Aufnahme erschienen ist. Egal. Ihr habt auf jeden Fall die Folge mit Tobias Falks nicht gehört, aber ist gar kein Problem.
Wir sind ja ein Bildungspodcast und bauen nicht auf die letzten Folgen auf, sondern ihr dürft auch gerne nur diese Folge hören. Aber das Wort Ambiguitätstoleranz ist jetzt nicht so ein Alltagswort. Spiegelt aber schon dieses Zitat auch wieder.
Wie würdest du diesen Ort erklären? Dieser Ort oder das Wort Ambiguitätstoleranz. Also, vielleicht muss man erst mal erklären, dass und gleichzeitig und die Ambiguitätstoleranz ganz eng miteinander verbandelt sind. An vielen Stellen aber nicht immer das gleiche.
Und gleichzeitig sind erst mal nur zwei Wörter, die zwei Satzteile verbinden. Und ich glaube, dass wir oft in so einem Automatismus sind, diese Satzteile mit Aber zu verbinden. Also, ich würde ja gerne wählen gehen, aber die Parteien passen mir alle nicht so richtig.
Oder ich finde Nachhaltigkeit wichtig, aber ich kann nicht dieses, ich kann keine Stoffwindeln benutzen, weil mein Leben das nicht hergibt oder so. Und ich liebe mein Kind, aber ich bin so angestrengt. Und ich glaube, dass tatsächlich dem schon ganz viel Kraft innewohnen, wenn wir uns einfach angewöhnen, dieses Aber mit und gleichzeitig zu ersetzen, weil das ein ganz anderes Gefühl in so einen Satz bringt.
Also zu sagen, ich würde wählen gehen und gleichzeitig finde ich es schwierig. Ich liebe mein Kind und gleichzeitig ist es scheiße anstrengend. Ich finde Nachhaltigkeit wichtig und gleichzeitig bin ich nicht perfekt.
Und dann in Klammern immer, und das ist okay. Also ich glaube, und gleichzeitig wohnt ganz viel und das ist okay inne. Und das allein schon das ganz viel verändern kann und Ambiguitätstoleranz hat noch mal mehr Wumms vielleicht.
Die ist ungemütlicher und kommt da ins Spiel, wo wir echt herausgefordert sind, uns mit vielleicht auch sehr festen Schubladensystemen in unserem Kopf auseinanderzusetzen. Also da, wo wir sehr feste Moralvorstellungen haben, sehr feste, richtig Falschkategorien, sehr, sehr Stereotypisches Denken. Ich habe eine Definition mitgebracht, die ich immer noch nicht auswendig kann.
Lerne ich irgendwann noch. Ambiguitätstoleranz ist die Fähigkeit, ich finde die Kunst, die Koexistenz von mehrdeutigen, ungewissen oder widersprüchlichen Dingen auszuhalten. Und ich glaube, dass wir merken, was das für eine Kunst ist, wenn wir wirklich uns mit Dingen auseinandersetzen, die in unserem Kopf so ein Schmerzerzeugung von, oh, fällt mir das schwer, das stehen zu lassen.
Und ich habe im Buch illustriere ich so ein bisschen diesen Satz von Rumi, den du eben zitiert hast, in dem ich sage, wir sitzen alle in so Häusern auf Hügeln und sagen, wir sitzen hier auf dem richtigen Hügel und die anderen Hügel, die sind alle falsch. Weil so unser Wertesystem, das, was wir uns an Annahmen geschaffen haben über die Welt, ist halt das Richtige. Und wenn dann dort Menschen sind auf den Hügeln, die Sachen tun, die uns irgendwie einen Widerstand auslösen, also die vielleicht Keilstoffwände benutzen, die vielleicht die grünen Wellen und den Urlaub fliegen, die vielleicht gendern oder nicht.
Oder was auch immer sich für uns unbequem anfühlt. Das ist ja ein großes Thema in Bayern, aber du wohnst ja in Frankfurt. Stimmt.
Wir alle haben überall so Gendersterne als Sticker in der Stadt. Der Protest gegen Bayern. Nicht meine Ministerpräsidentin.
Und dann haben wir die Möglichkeit, also wir haben drei Möglichkeiten, eigentlich entweder die Rollläden runterzuziehen in dem Haus und zu sagen, ich gucke da nicht hin, ich sehe das nicht, das findet gar nicht statt, es gibt diesen Widerspruch nicht. Oder mit dem Finger auf diese Menschen zu zeigen, auf die anderen Hügel und zu sagen, ihr seid halt alle irgendwie falsch. Oder wir können dieses Haus verlassen und uns zu diesem Ort aufmachen, wo die Ambiguitätstoleranz wohnt, am Ort von Jenseits und Richtig und Falsch.
Und das ist der Ort, wo die Dinge komplex sein dürfen, wo wir uns begegnen und sagen, ich fühle das anders und gleichzeitig lasse ich dich stehen. Ich darf die Person sein, die ich jetzt bin und gleichzeitig darf ich auch die Person sein, die ich in fünf Jahren sein werde. Also ich habe auch Raum für meine eigene Gleichzeitigkeit.
Und ich glaube, dass dem ganz viel Gutes innewohnt. Ich schreibe ein Buch von Resilienz, von unserem Selbstkonzept, was sich ändert, von Handlungsfähigkeit, Dialogfähigkeit, Beziehungsfähigkeit und ich glaube, dass dieser Ort uns eben ausrüstet für all die Gleichzeitigkeit, die dem Leben innewohnt. Und das gibst du ja auch schon in deinen Illustrationen Kindern mit, das finde ich so schön.
Bei meinen Kindern im Kinderzimmer hängen Poster von dir und die Texte darauf finde ich einfach so schön und ich denke mir halt nur, die hängen so über den bei einem Kind über den Schreibtisch und bei dem anderen Kind auch im Zimmer. Egal, jedenfalls denke ich so, wenn sie nur immer so dran vorbeifliegen und so ein paar Wörter mitnehmen, die so ihren Tag begleiten, weil ich erinnere mich auch daran, in meiner Kindheit, was bei uns zu Hause an der Wand hing, das hat schon auch was mit mir gemacht, weil ich es einfach jeden Tag gesehen habe. Und das finde ich einfach, dass ich das, was du jetzt gerade gesagt hast, vor allem mit dem Es ist okay.
Du bist okay so. Und als du gerade so geredet hast, dachte ich, ja, wenn wir alle mehr so was auch als Kind, jetzt nicht nur, ich weiß, ein Poster an der Wand alleine macht es jetzt nicht aus, sondern man muss es schon noch leben und so. Vielleicht hängt es da auch ein bisschen für mich, weil ich gehe auch dran vorbei und sehe es jeden Tag.
Und wenn wir das alles mehr so als Kinder auch mitgekriegt hätten, dann würde vieles einfach auch nicht so schwer fallen heute, weil es so selbstverständlicher ist. Da sind wir jetzt irgendwie noch nicht, aber du bist so, mit deinen Illustrationen finde ich, sehr, sehr schöne Wegbegleiterin darin. Und das finde ich einfach jetzt noch mal auch so, das Buch gelesen zu haben und deine Arbeit vorher zu kennen, die ja erst mal in Anführungsstrichen nur Illustration ist, aber so viel Tiefe dahinter steckt.
Das ahnt man sehr schnell, wenn man auf deine Webseite geht, aber das ist in dem Buch einfach noch mal alles so, daher kommt das, aha, oh ja, ich hatte ganz viele Aha-Momente. Und würdest du sagen, also ja, wahrscheinlich würdest du es sagen, oder von dem, was ich jetzt so gesagt habe, wie präsent ist all das, diese Ambiguitätstoleranz in deinem Leben, in deiner Arbeit, ist eigentlich ungleichzeitig jetzt so das, was eigentlich Farbflausen ist? Ich schreibe ein Buch, das ich mir vorstelle, dass die Ambiguitätstoleranz bei mir am Schreibtisch sitzt und lächelt, wenn ich über Wettbefinden schreibe und darüber, wie sehr ich Stoffwinden liebe und das fühlt sich wirklich oft so an, dass ich einfach mit dieser Ambiguitätstoleranz so verbandelt bin, dass wir da zusammen durchgehen und mich das befähigt für ganz vieles in meinem Leben, auch für meine Elternschaft, auch für meine Beziehung, für Entscheidungen und auch für die Hoffnung in diese Welt, die ich habe, gleichzeitig zu allem, was uns die Hoffnung verlieren lassen könnte und ich glaube, dass uns Ambiguitätstoleranz ganz weit und weich macht und das ist auch das, was ich für meine Arbeit wünsche, also Weite zeigen und Weichheit anbahnen für Menschen und das auf eine Art und Weise tun, mit der sie connecten können. Ich schreibe auf meiner Homepage, ich wünsche mir, dass alle Farben des Lebens bei mir vorkommen und das ist, glaube ich, so der Kern von allem und ich glaube, dass das ganz viel sicher im Raum schafft und zwar in dem, wie wir nach außen leben, aber auch für uns selbst und für alle Versionen von uns, die wir waren und sein werden.
Apropos Farben, du bist ja auch nicht nur Autorin, sondern auch Illustratorin, helfen dir die Farben und Bilder auch dabei Gefühle auszudrücken, für die Worte manchmal nicht ausreichen? Hast du ein Beispiel vielleicht auch dafür aus deiner Arbeit? Voll, ich habe es sehr mit Farben tatsächlich, also auch mit ich frage Menschen immer, welche Farbe hat dein Tag und dann sind sie super irritiert und wissen nicht, was sie sagen sollen, aber für mich haben Tage Farben und viele Dinge haben Farben und ich fahre manchmal ins Atelier, weil ich irgendeine bestimmte Postkarte brauche, die ich zu Hause nicht habe und die aber jetzt sofort auf der Stelle in den Händen halten muss und ich liebe es zu schreiben und ich liebe auch meine Texte und das ist ganz wunderbar, aber das, was mein Herz an ganz anderen Stellen berührt, ist das Malen und die Farben und tatsächlich gebe ich mir auch meine eigene Arbeit da ganz viel, ich brauche immer so ein halbes Jahr Abstand zu einer Illustration, die ich gemacht habe, bis ich sie dann aus einer Außenperspektive fühlen kann, aber dann ist es so und tatsächlich die Illustration, die am meisten für mich tut, wenn es mir nicht gut geht, ist eine, die gar nicht so bekannt ist oder die ist nicht mein bestseller Postkarten Motiv oder so, aber ich habe in Hoffnung geleuchtet in meinem in meinem anderen Erwachsenen Buch eine Seite, wo es ums Aushalten geht, ums Aushalten von dem, was gar nicht auszuhalten ist und da steht, da hältst du mit mir aus, das ist so eine dunkelblaue Seite und eine Felsenlandschaft und da sitzt so ein ganz kleiner Mensch in der Ecke zusammengekauert und wenn man umblättert, dann steht da ja und es ist genau die gleiche Illustration, nur der Mensch wird umarmt und gehalten und die Illustration heißt ich halte dich und die liebe ich ganz sehr und ich liebe auch dieses dunkelblau darin dunkelblau ist einfach die richtige Farbe für dieses Gefühl und das bedeutet mir total viel Schön Jetzt könnte man denken, wenn man dich so reden hört wow, Jasmin, die hat die hat alles irgendwie verstanden und lebt und gleichzeitig hat das als Tattoo und illustriert und schreibt dazu wo würdest du sagen ist das vielleicht auch eine richtig große Herausforderung in deinem Leben oder welche Brücke für dich persönlich war eigentlich die schwierigste zu bauen oder vielleicht wurde sie gar nicht zu Ende gebaut, wenn man das so als Brücke gleichzeitig verstehen würde, das zwei Sätze verbindet Vielleicht zu dem, was du als erstes gesagt hast, ich glaube, dass ich vielleicht an vielen Stellen spüre, dass ich das Werkzeug habe und dass das Werkzeug aber oft zu klein ist für diese Aufgabe, also ich habe und gleichzeitig ist es das richtige Werkzeug, aber die Bäume sind manchmal zu dick für diese Axt oder keine Ahnung, welches Bild man da verwenden würde, aber dass jetzt auch keine Bäume fällen, aber das ist oft einfach eine riesige Aufgabe und eine Aufgabe, die man auch nicht alleine bewältigen kann und wo man Zeit braucht und Menschen und auch manchmal niemals fertig wird und ich glaube, dass vor allem die Brücke zwischen Sorge und Vertrauen sich ganz groß anfühlt, auch zwischen hier und dann, vor allem in meiner Elternschaft, weil sozusagen ich lebe im Hier und Jetzt, insbesondere mit unserem behinderten Kind und weiß nicht, wie die Zukunft für dieses Kind wird in einer Welt, die diesem Kind sehr große Steine in den Weg legt und in einer politischen Situation, die immer schwierigere Bedingungen schafft und nicht zu wissen, ob da immer Menschen sein werden, die diesem Kind wohlgesunden sind und in welcher Situation es sein Erwachsenenleben gestalten wird, das überhaupt nicht in der Hand zu haben und zu sagen, ich muss diese Sorge irgendwie stehen lassen und gleichzeitig diesen Alltag bewältigen und diese Brücke bauen zwischen Sorge und Vertrauen, das finde ich richtig hart und immer wieder hart und das gleiche gilt letztlich auch für die Welt, in der wir leben, wo es auch genauso ist, dieses Sorge und Vertrauen und Bäume pflanzen, während die Wälder brennen und so und dann gibt es Momente, wo ich denke, ich habe es im Griff und dann hatten wir neulich ein Elterngespräch in der Schule für dieses Kind und ich hatte danach überall blaue Flecken, weil ich mich so fest gekniffen habe, unbewusst, weil ich so angespannt war, weil mir dieses Zukunftsthema so zu schaffen macht und dann dachte ich, ha, vielleicht habe ich es doch noch nicht ganz im Griff. Es ist einfach immer wieder eine große Herausforderung und eine Brücke, die ich schon schaffe, zu bauen, aber die sehr wackelig ist manchmal und ich habe Höhenangst und das ist hart. Das ist ein schönes Bild dafür, die Brücke und da merkt man wirklich, du denkst in Bildern.
Du hast vielleicht auch eine schwierige Brücke. Du hast erwähnt, dass du in einer Welt aufgewachsen bist, die sehr, Zitat, sehr eindeutige Vorstellungen davon hatte, was richtig und falsch ist. Wir haben vorhin auch über das Rummi-Zitat gesprochen und hier geht es vor allem um deine christliche Prägung.
Was würdest du sagen, welche Muster erkennst du dort heute, die diesem und gleichzeitig entgegenstehen? Meine christliche Prägung ist eine, die eher spät erst kam, also im Teenie-Alter. Ich bin nicht mega christlich aufgewachsen von Anfang an, dann aber im Teenie-Alter sehr christlich sozialisiert worden und die Muster, die dort vorhanden waren, sind tatsächlich sehr, sehr, sehr diametral und gleichzeitig an vielen Stellen. Also insbesondere glaube ich, ein Moral-über-Ethik- Ding und auch, dass Moral letztlich über Beziehung steht oft oder dass Beziehung an Moral geknüpft sein muss mit eng gesteckten Zäunen und einem Machtgefälle, was damit einhergeht.
Ich glaube, das habe ich auch eben schon gesagt, es ist in Ordnung, unterschiedliche Meinungen zu haben. Es ist in Ordnung, an unterschiedlichen Punkten zu stehen. Es darf auch eine Entwicklung sein und wir dürfen Menschen Entwicklungen zugestehen, so wie wir uns selber auch Entwicklungen zugestehen und gleichzeitig müssen wir Menschen nicht aus einer Innenperspektive verstehen, um ihnen zu glauben.
Und das ist das, was mir dort oft gefehlt hat. Und ich erlebe bei Jesus eine ganz hohe Ambiguitätstoleranz. Du bist richtig bei uns.
Der ambiguitätstoleranteste Mensch, den es gibt. Und auch mit ganz viel Klarheit, aber auch mit ganz viel Weite. Und darüber schreibe ich auch im Buch über Grenzen von Gleichzeitigkeit, Grenzen von Ambiguitätstoleranz, dass auch bewertungsfreier Raum nur durch Werte gehalten werden kann.
Und das ist glaube ich das, was Jesus schafft, diese Gleichzeitigkeit von ich halte wertungsfreien Raum durch klare Werte und Klarheit und Weite gleichzeitig. Das hat mir in diesen eng christlichen Strukturen oft gefehlt. Waren das evangelikale Strukturen? Darf ich da nochmal nachfragen? Ich finde das glaube ich gerade so schön an deinen Illustrationen, weil du bist jetzt keine christliche Illustratorin und trotzdem sind die Werte, die auf deinen Illustrationen gerade so für Kinder sind, für mich genau das, wie du Jesus gerade auch beschrieben hast.
Und das finde ich so schön, weil die wirken, ohne dass da steht Jesus sagt, Gott sagt oder du bist ein geliebtes Kind Gottes oder so. Also das sind auch Sätze, die ich halt auch gerade auch so in Kindheit und Jugend auch viel gehört habe, bei die irgendwie so auch teilweise, gerade auch in meiner Jugend, da hatte ich auch so eine Phase, wo ich in evangelikalen Kreisen war. Da wurde das gesagt und es fühlte sich sehr leer an, weil genau auch das, was du gerade beschrieben hast, die Moral über den Menschen und den Beziehungen stand.
Und ich mich dann immer gefragt habe, was bedeutet das denn dann jetzt? Eigentlich ist es viel wichtiger, dass ich mich hier an irgendwelche Regeln halte, die ich auch nicht so richtig hinterfragen kann oder darf oder mich auch nicht traue, weil dann gelte ich als nicht fromm genug oder so. Das hat ja alles gewirkt, ohne dass das Menschen jetzt so gesagt haben. Und die auch gar nicht so sehr eindeutig waren, warum das so ist, sondern es ist einfach so.
Das war schon immer so. Und stand da nicht so, hat man dann nicht so. Jedenfalls, das finde ich daran einfach so richtig schön.
Hast du dich denn selber dazu entschieden, weil du bist ja christlich geprägt und bist auch einen Weg gegangen und du schreibst auch über Befreiungen aus den eng gesteckten Gartenzäunen und bist dann auch irgendwie Ausstieg aus religiösen Strukturen und so weiter und gleichzeitig spielt all das doch auch irgendwie eine Rolle, ohne dass es so christlich erwähnt wird. Wie würdest du vielleicht das noch mal so beschreiben und welcher Wert spielt der Glaube heute für dich? Weil es ist schon so ein bisschen auch so, wie ich dich kennengelernt habe über Instagram. Irgendwann bin ich darauf gekommen, ja und auch mit den Leuten, mit denen du so vernetzt bist, sind auch christliche Menschen, nicht nur, aber auch.
Und dann kommt man so dahinter, okay, ja, Jasmin hat auch da eine Prägung, ja. Wie würdest du das heute für dich sehen? Zum einen, waren jetzt mehrere Sachen gleichzeitig, wie oft man dieses Wort verwendet. Also zum einen, wie würdest du heute so sagen, was ist Glaube für dich? Zum anderen, aber auch noch mal vielleicht ein paar Sätze zu dieser Befreiung auch aus eng gesteckten Gartenzäunen und zum anderen, warum bist du keine, bist du ja schon, aber keine, also du erwähnst nicht, dass du christliche Illustratorin bist.
Vielleicht bist du es auch nicht, wenn du so eine Selbstbezeichnung, ich weiß es nicht, aber das würde mich schon noch mal interessieren. Das waren viele Fragen. Das kann ich gut in meinem Gegenüber total durcheinander bringen, weil das Chaos aus meinem Kopf liegt jetzt hier auf dem Tisch.
Okay, ich versuch's zu sortieren. Also der Weg war natürlich aus vielen Zwischenschritten geprägt und ich kann vielleicht versuchen, ein paar Kernpunkte zu nennen. Also ich glaube, ein Kernpunkt ist, dass ich schon immer viel Weite hatte, nur nicht für mich selber.
Also anderen Menschen gegenüber habe ich viel mehr Weite gefühlt als mir gegenüber und hatte ganz andere Ansprüche an mich. Aber es war nie so, dass ich sehr tief in, also ich hatte schon immer von meinem Haus die Tür offen, so vielleicht, wenn man bei dem Bild bleiben möchte. Und ich habe dann als Teil von meinem Studium auch Evangelische Theologie gehabt und da wurde ich massiv vorgewarnt, Vorsicht vor dem Theologiestudium, das ist progressiv.
Das bringt einen von Gott weg und tatsächlich war aber das Gegenteil der Fall. Und die letzten zehn Jahre haben mich ganz anders noch mal stehen lassen, irgendwie in dem Glauben, der meine ist und nicht der, von dem ich glaube, dass ich ihn haben müsste. Und dann war auch unser Kind, vor allem, also unser ältestes Kind, ein großer Marker auf dem Weg von Dekonstruktion, von vielen Dingen, die ich angenommen hatte.
Und auch so vielen, vielen Unterglaubenssätzen, die vielleicht der evangelikalen Bubble eher angehören. Also auch so alles hat einen Sinn und Gott schickt dir die Aufgaben, die du bewältigen kannst und dann aber Menschen kennenzulernen, die halt ihr Kind verlieren und nicht glauben zu können, dass mein Gott das eine gute Idee findet. Sondern zu erleben, dass an den Stellen, wo ich verzweifelt bin und im aller tiefsten, dunkelsten, dunkelblauen Tal zwischen Felsen sitze, dieser Gott neben mir sitzt und mich hält und sagt, das ist so furchtbar und es tut mir so leid.
Und keine Antwort darauf zu haben gleichzeitig, warum es denn passiert. Und diese Fraglosigkeit auszuhalten. Ich glaube, dass Glaube oft ist, Fraglosigkeit auszuhalten und gleichzeitig vielleicht einen Halt zu finden inmitten dessen.
Und dass das so paradoxes klingen mag, viel mehr trägt als ein Gefühl von, ich habe auf alles eine Antwort und Gott wird schon auf alles eine Antwort haben und mir die auch sagen. Und das hat ganz viel mit mir gemacht und tatsächlich kann ich das inzwischen unglaublich gut aushalten, auf Dinge keine Antwort zu haben, weil ich erlebt habe, dass es trotzdem und inmitten dessen gleichzeitig trägt. ich habe lange nicht öffentlich über meine Verbindung zum christlichen Glauben gesprochen, weil ich Angst hatte, falsch verstanden zu werden.
Und weil ich nicht in eine Schublade gesteckt werden wollte. Weder von der einen, noch von der anderen Seite. Ich wollte nicht, dass Leute das für sich claimen und sagen, du bist ja eine von uns, vielleicht an Stellen, wo ich das gar nicht sein wollte.
Und auch nicht von anderen in eine Schublade gesteckt zu werden, von dann kannst du ja nicht dieses und jenes auch. Und wollte diese Gleichzeitigkeit halten und ich habe dann irgendwann mal geschrieben, von dieser tiefen Verbundenheit zu diesem Glauben und auch zu diesem Gott und gleichzeitig dem dem Hadern mit vielen religiösen, christlichen Strukturen und Kreisen und darauf unglaublich viel Resonanz bekommen von Leuten, die gesagt haben, das fühle ich so. Und dachte mir, ja, vielleicht müssen wir doch manchmal drüber sprechen.
Und vielleicht braucht es diese Sichtbarkeit, gerade in diesem kleinen Stück, auf dem ich wandere und wo gefühlt nicht so viele Menschen wandern. Und vielleicht ist es gut, sichtbar zu machen, dass dort Leute wandern und dass sie auch Landkarten schreiben für andere, die vielleicht mitkommen wollen und dass es da gut ist. Und dass es, glaube ich, ganz viel fürs Leben ausrüstet, an dieser Stelle unterwegs zu sein und auch eine Offenheit dafür zu haben, dass diese Landkarte noch nicht zu Ende gezeichnet ist und auch meine nicht zu Ende gezeichnet ist.
Vielleicht können wir da noch mal ein bisschen drauf eingehen, was du eben gesagt hast, die Machtstrukturen. Machtstrukturen, vor allem in religiösen Kontexten. Was ist dir heute bewusst geworden, was dir früher nicht bewusst war? Ich schreibe in Kapitel 5, da geht es um unser Selbstkonzept und gleichzeitig, unser Selbstkonzept heißt Kapitel 5, da schreibe ich, und das ist ein Kernsatz von diesem Kapitel, wir leben in Systemen, die darauf angelegt und in ihrem Erhalt darauf angewiesen sind, uns in einem defizitären Selbstkonzept zu halten, in einem ewigen Gefühl von nicht gut genug.
Manche Sätze in diesem Buch muss man mehrfach lesen, den vielleicht auch, aber der ist mir ganz wichtig, weil tatsächlich ist das ein Prinzip, was in unserem Gesellschaftssystem innewohnt, was ein patriarchales Prinzip auch ist, also ein defizitäres Selbstkonzept zu erhalten, zu reproduzieren und daraus zu profitieren und das ist letztlich auch das, was, glaube ich, vielen religiösen Strukturen innewohnt. Du bist nie gut genug, egal was du machst und daraus resultieren verschiedene Dinge und auch immer ein Machtgefälle von denen, die es doch ein bisschen besser nicht gut genug machen. Und wenn und das Anzweifeln dessen resultiert oft in einem du bildest dir das ein, das Problem, oder du bist selber das Problem.
Ich hatte das schon öfter in sehr engreligiösen Kreisen Dinge anzusprechen und dann ein, naja, du wirst es halt nur verstehen, wenn du im Glauben gewachsen bist, wenn du Gott näher gekommen bist, was auch immer. Das hat sich herausgestellt, stimmt nicht. Und dieses Gaslighting-Prinzip, Gaslighting-Prinzip von du bildest dir das ein, das ist, glaube ich, auch etwas, was sich auf beide Prinzipien irgendwie übertragen lässt und kombiniert mit sehr engen Glaubenssätzen statt einer weiten Es gibt kein Problem, du bist das Problem.
Der sündhafte Mensch. Ja, spannend. Ich habe eine Zeit lang so viel darüber nachgedacht, ob das christliche Menschenbild negativ oder positiv ist.
Und da muss ich so ein bisschen dran denken. Glaube ist eigentlich irgendwas auch, was mich doch auch aufrichten soll und gleichzeitig Jetzt willst du uns jedes Mal aufrichten. Ja, ich will mir immer an dich denken.
So oft dieses Predigen ausgesprochen oder auch unausgesprochen darüber, dass wir sündhaft sind und ja, dadurch eben dieses negative Selbstbild auch ja so verinnerlicht haben. Das sehe ich noch mal. Es hält halt wieder nicht Gleichzeitigkeit aus.
Ja, es besteht auf Eindeutigkeit. Jasmin, welcher und gleichzeitig Satz ist für dich persönlich der wichtigste geworden? Ich glaube viele. Einer, den ich inhaltlich ganz besonders wichtig finde, ist ein sicherer Raum kann nur sicher sein, wenn die Ambiguitätstoleranz dort beheimatet ist.
Weil ich glaube, dass dem ganz viel Kraft innewohnt und auch ganz viel Schmerz, wenn es nicht so ist. Und insbesondere da, wo wir vielleicht Räume als sicher deklarieren für uns, die es dann doch nicht sind. Und ich erlebe, dass das für mich wirklich der wichtigste Beziehungsmarker ist, wie viel Ambiguitätstoleranz Menschen mit sich bringen, weil mein Leben so viel Ambiguitätstoleranz bedingt und daraus so viel Schönes wachsen kann.
Was ist dein größter Wunsch für Menschen, die dieses Buch lesen? Ich habe in Kapitel 12 für die Abschlussillustration vom Buch eine Szene gewählt, wo ich mit der Ambiguitätstoleranz am Ostseestrand tanze, zusammen mit ganz vielen anderen Menschen an diesem Ort, jenseits von richtig und falsch. Das ist natürlich der Ostseestrand. Im Sonnenuntergang ist es alles lila.
Ich kann schon auch sehr gut Kitsch malen. Schlachten und Herz ist ein sehr Kitsch-freundlicher Ort. Und auch lila.
Und lila ist sowieso eine tolle Farbe. Und ich glaube, das ist der größte Wunsch, dass wir lernen, mit der Ambiguitätstoleranz zu tanzen. Und das bedeutet, dass wir aufhören, gegen die Gleichzeitigkeit die ganze Zeit ankämpfen zu müssen.
Sowohl gegen die Gleichzeitigkeit in unserem Leben, als auch gegen die Gleichzeitigkeit, die uns inne wohnt, als Menschen immer, als auch die Gleichzeitigkeit, die Beziehung inne wohnt, die allem inne wohnt. Dass wir an immer mehr Stellen vielleicht aufhören dürfen zu kämpfen und anfangen dürfen zu tanzen. In aller Gleichzeitigkeit, die das auch bedeutet.
Total schön. Und auch so etwas, was die Menschheit, glaube ich, aktuell auch so nötig hat. Zur Transparenz.
Also diese Folge wird hier unsere Summer Special Folge am 1. August. Aber wir nehmen bereits im Juni auf. Und heute ist der 16.
Juni und ich war heute Morgen laufen am See. Und das Wasser war ganz ruhig. Und es war irgendwie kaum jemand dort.
Und es war so friedlich. Und am vergangenen Wochenende flogen sehr viele Bomben von Israel in den Iran und zurück. Und ich hörte gerade Nachrichten.
Und es war irgendwie so krass von dem, was ich auf den Ohren hatte und hörte. Und das, was ich sah. So diese Gleichzeitigkeit von, das ist gerade so ein friedlicher Ort hier, an dem ich leben darf.
Und ich höre, was in der Welt los ist. Und ich denke, ich weiß nicht, wo wir am 1. August stehen. Aber das und darüber schreibst du auch in deinen Texten über Überforderung, Privilegien und Weltschmerz und so weiter.
Wie gehst du damit um, dass dein Alltag und globale Krisen, das ist gerade auch schon mal angerissen, gleichzeitig stattfinden und welche und gleichzeitig Übungen würdest du da vielleicht empfehlen? Ich glaube, dass wir uns oft intuitiv in so einem ganz oder gar nicht befinden. Also, dass wir Sachen versuchen, radikal auszuklammern, wegzuschieben oder uns alle 5 Minuten einen News-Ticker reinziehen. Und, dass wir im Idealfall weder das eine noch das andere in Gänze dauerhaft haben, sondern diese Gleichzeitigkeit halten.
Und für uns irgendwie Strategien finden, die uns vor permanentem Krisenmodus bewahren und in einer Handlungsfähigkeit führen. Und ich schreibe im Buch, dass diese Handlungsfähigkeit in Koexistenz zu den Krisen stehen muss. Dass wir nicht warten können, bis der Berg weg ist, weil der wird nicht verschwinden.
Und ich glaube, dazu gehört ganz viel Akzeptanz und auch erst mal stehen lassen, dass es richtig scheiße ist. Und richtig doll und wir Teil dieser Welt sind. Und, dass es gleichzeitig auch nichts ändert, sich permanent deswegen fertig zu machen oder zu verharren in so einem, ich fühle mich schuldig, weil es mir gut geht.
Davon hat auch niemand was, dadurch kann auch keine Handlungsfähigkeit entstehen. Und ich glaube, dass wir uns immer wieder Raum schaffen können für das, was toll ist und was betrauert werden muss oder für Angst, die auch gefühlt werden muss, um sie nicht zu verschließen und dadurch zu einem viel größeren Angstgegenstand noch zu machen. Und uns diese Räume zu schaffen und dann auch wieder zu schließen.
Und zu sagen, jetzt mach ich das zu und jetzt ist hier Alltag. Und jetzt muss ich meinen Kindern ein Eis kaufen. Oder so.
Und die dürfen sich darüber freuen und ich darf mich auch darüber freuen. Das Eis, das ich hasse. Ich liebe Eis.
Oh mein Gott, das wäre ein Funfact gewesen. Krass. Du magst kein Eis.
Aber so. Wenn du nochmal nach Funfacts gefragt wirst. Das ist ein Funfact.
Also deine Funfacts waren gut. Jaja, aber der ist auch gut. Ich finde den besser als Eros.
Okay, ja. Das ist echt schräg. Und ich glaube, dass wir immer wieder diese Handlungsfähigkeit in Koexistenz suchen dürfen.
Und auch sagen, wir dürfen, wir sind, was sollen wir schon ausrichten und gleichzeitig sind wir viele. Das ist auch ein starker Satz, finde ich. Und das ist ein Satz, der sich bewahrheitet.
Was auch, glaube ich, eine Ressource sein kann, ist sich selbst sichere Räume zu suchen, wo möglich. Und das dann auch genießen zu dürfen. Also Erlangen ist zum Beispiel eine krasse Blase.
Ein wirklich guter Ort, um mit einem behinderten Kind zu wohnen. Ein guter Ort, um queer zu sein. Ein guter Ort, um ein sehr diverses Umfeld zu haben.
Und das darf ich genießen. Und das darf einfach schön sein, sich selber an so einem sicheren Ort im ganz physischen Sinne zu bewegen. Und da auch einfach zu sagen, das hat seinen Platz und hier darf ich auftanken und dann habe ich auch wieder Kraft für anderes.
Und sich solche Räume zu schaffen, vielleicht auch in Beziehungen oder so, zu sagen, hier habe ich was, was mein Nervensystem reguliert und ich nehme das in Anspruch, ohne mich dafür schlecht zu fühlen. Ja, damit ich immer wieder das aushalten kann. Und dann gehen Fenster in meinem Kopf, auch von mir und anderen, aber diese Möglichkeiten nicht.
Wie privilegiert ist man denn? Blablabla. Und gleichzeitig, ja, dafür kann ich dann vielleicht diese Arbeit machen. Und das hat auch einen Wert.
Ich muss mir noch mal Erlang genauer angucken. Ich war da noch nie. Okay.
Und wir sind viele. Das bringt mich so ein bisschen zu der nächsten Frage. Du schreibst davon, dass für dich dieses Ungleichzeitig unerlässlich ist für gesellschaftliches Miteinander.
Das ist schon eine große Vision. Also die Gesellschaft funktioniert quasi nur mit dem Verständnis von oder mit dem Konzept und gleichzeitig. Also nur so kann das auch gut funktionieren.
Wie stellst du dir das konkret vor? Das teasert vielleicht auch schon unsere Standardletzte Frage an. Was ist dein Traum von Kirche? Also gesellschaftlich, aber vielleicht auch auf die Kirche bezogen. Kirche ist ja Teil von Gesellschaft.
Idealerweise. Also ich glaube, dass dem ganz viel Schatz innewohnt für die Gesellschaft, wenn das mehr Raum bekommt, wenn Mobilitätstoleranz mehr Raum bekommt. Und ich glaube, dass dem und gleichzeitig innewohnt, dass wir verstehen, dass unsere Perspektive auf diesem Hügel, in diesem Haus eben nur eine von vielen ist.
Und wenn wir das verstehen, dann verstehen wir, dass es nur eine Option ist. Nicht besser, nicht schlechter. Und dem wiederum wohnt innen das mehr Perspektiven gehört werden.
Und wenn mehr Perspektiven gehört werden und mehr Perspektiven vorkommen, dann wohnt dem ganz viel gesellschaftliche Veränderung drin, glaube ich. Und das hat große Effekte. Und wenn ich mir vorstelle, dass immer mehr Menschen in politischen Entscheidungsämtern diese Häuser verlassen müssten, was dann wohl passieren würde? Alle am Ostseestrand.
Ich möchte die da gar nicht haben, aber vielleicht gibt es einen anderen Ostseestrand. Ich glaube, dass dem ganz viel Kraft innewohnt. Aber auch im Kleinen.
Auch in jeder einzelnen Begegnung, die wir haben. Dort, wo wir uns zum Kaffee treffen und sagen, ich fühle das anders als du. Und gleichzeitig, hey, ich nehme deine Perspektive wahr und nehme die ernst.
Und was ich auch glaube, was ein ganz, ganz wichtiger Punkt ist, ist, dass uns gleichzeitig uns vor Populismus bewahrt. Vor Menschen, die uns sehr eine Degenerative verkaufen wollen. Und dem wohnt ganz viel Schutz inne.
Das ist, glaube ich, auch eine ganz, ganz wichtige Funktion von Amiguitäts-Toleranz. Und das gleichzeitig, das habe ich ja eben schon gesagt, uns in eine Handlungsfähigkeit bringt, auch als Gesellschaft. Also zu sagen, das Klima wird eh untergehen, dann lassen wir es einfach.
Sondern zu sagen, ja, das ist eine Gleichzeitigkeit und wir gehen da rein. deswegen glaube ich, dass dem wirklich viel, viel gesellschaftliche Kraft innewohnt oder innewohnen würde. Und innewohnt an allen Stellen, wo wir das zulassen.
Und das ist das, was ich mir auch für Kirche wünsche letztlich. Also, dass Kirche Raum hat für Gleichzeitigkeit, für unsere Gleichzeitigkeit als Mensch. Mit allem, was dazugehört, mit allem, was ich jetzt gesagt habe, was ihr gesagt habt.
Und ich wünsche mir, dass da Leben stattfinden darf. In allen Farben. Mit Sonne und Regen.
Das sind die Sachen, die auf dem Cover vom Buch sind. Sonne und Regen und und Regenbögen, die daraus entstehen. Und dass Kirche gemeinsam Regenbögen malt letztlich.
Und Regenbögen in aller Bedeutung, die das haben kann. In aller Gleichzeitigkeit. Und dass wir oft unser Leben als Ansammlung von Komplementärfarben erleben, die nicht vereinbar sind und die aber im Regenbogen irgendwie doch gleichzeitig sein können.
Und das finde ich schön, wenn das in Kirche sein darf. Voll schön. Ich danke dir, Jasmin, für die vielen schönen Bilder.
Für dein Buch, für die Tiefe, für das Teilen von persönlichen. Ich finde, das ist eine richtig schöne Sommerfolge. Weil mir geht es oft so, wir machen ja auch immer noch Freizeiten, auch für junge Erwachsene im Sommer, und dass es da auch immer noch mal so eine Zeit ist, über Dinge nachzudenken, die im Alltag manchmal verloren gehen.
Und da passt so vieles, was du heute geteilt hast, total schön dazu. Und wenn ihr das jetzt noch alles als Buch haben wollt, dann gibt es das ja tatsächlich. Und gleichzeitig von Jasmin Sturm.
Wir freuen uns sehr darüber, dass du hier warst. Danke für dein Teilen, danke fürs Buch. Und euch auch, liebe Hörerinnen, danke fürs Zuhören.
Habt noch einen schönen Sommer und bis bald. Tschüss. ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ...
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