Adultismus - mit Aladin El-Mafaalani

Shownotes

In dieser Live-Folge von Stachel & Herz sprechen Sarah Vecera und Thea Hummel mit Soziologe und Autor Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani über ein gesellschaftlich oft übersehenes Thema: Adultismus – die strukturelle Diskriminierung von Kindern und Jugendlichen.

Was heißt es, in einer Welt aufzuwachsen, die für Erwachsene gemacht ist? Warum geraten Kinder politisch und gesellschaftlich aus dem Blick? Und was hat das alles mit Kirche zu tun?

Highlights der Folge:

  • Was ist Adultismus? Warum unsere Gesellschaft Kinder systematisch übergeht

  • Minderheit ohne Schutz: Kinder als demografische und politische Randgruppe

  • Krise als Dauerzustand: Was Corona, Klimawandel & Co. mit der jungen Generation machen

  • Verantwortung und Repräsentation: Warum Kinder und Familien in der Demokratie kaum mitgedacht werden

  • Kirche im demografischen Wandel: Über die Zukunftsfähigkeit kirchlicher Strukturen und junge Perspektiven

Mehr zu Aladin El-Mafaalanis Buch: Kinder – Minderheit ohne Schutz

  • mit freundlicher Unterstützung vom YEET-Netzwerk -

Transkript anzeigen

Stachel und Herz 07.25.02

Stachel & Herz, der Podcast mit Sarah Wetscherer und Theo Hume. Wir wollen Kirche zu einem Safer Space machen. Dafür legen wir den Stachel in die Wunde.

Mal mit Gästinnen, mal zu zweit, aber immer mit Herz. Ein herzliches Willkommen. Schön, dass ihr da seid.

Herzlich willkommen hier im Raum. Herzlich willkommen an alle, die diesen Podcast später hören. Aber es ist ein Live-Podcast Stachel & Herz.

Es ist schön, dass ihr hier seid. Mein Name ist Sarah Wetscherer und ich freue mich, dass ihr so zahlreich erschienen seid. Und ich bin Thea Hummel.

Wir sind die Hosts von diesem wundervollen Podcast, in dem wir über Diskriminierung in der Kirche und in der Gesellschaft sprechen und von einer Gesellschaft für alle träumen. Und wir sind hier heute in Dortmund, in der Dortmunder Nordstadt, im Studio 41, in einer Kirche, in der überwiegend junge Menschen sind. Eigentlich auch schließlich junge Menschen.

Ich glaube, ich habe noch nie jemanden über 40 gesehen, der oder die hier gearbeitet hat. Doch, auch. Das ist toll.

Wir wollen ja jetzt hier beim Thema Adultismus auch nicht altersdiskriminierend werden. Das wäre, ui, ui, ui, ui, ui. Also auch ältere Menschen sind hier willkommen.

Das ist auch schön. Aber junge Menschen, das ist schon richtig, wenn ich das so sage, die sind hier federführend, oder? Die geben hier schon so den Ton an. Nicken in der ersten Reihe, okay, zaghaftes Nicken.

Wir gucken noch mal. Auf jeden Fall, so oder so, wir finden es schön, dass wir hier sind, an diesem besonderen Ort, heute zu diesem Thema Adultismus. Und es passt irgendwie auch, an diesem Ort zu sein, zu diesem Thema.

Wer von euch kennt denn noch diese Sprüche? Dafür bist du noch zu jung. Sei nicht so frech. Also, wir beide, wir waren ja auch schon als Kinder in der Kirche.

Wir sind ja quasi in die Kirche hineingeboren, in die evangelische Kirche. Und wir haben solche Sätze auch gehört, in der Gesellschaft, in der Familie, aber auch in der Kirche. Und ganz interessant war, gestern haben meine Kinder, die fiebern schon auf den letzten Schultag hin, die sind beide in der Grundschule.

Und beide haben unabhängig voneinander gesagt, boah, Mama, bevor Ferien sind, müssen wir noch mal in die Kirche. Das ist natürlich traurig für mich als Theologin, solche Sätze zu hören. Aber beide sagten, na ja, eigentlich könnte man ja feiern am letzten Schultag.

Aber wir müssen in die Kirche und eine Stunde noch mal richtig still sitzen. Und dann dürfen wir in die Ferien. Die haben wir uns dann aber auch ordentlich verdient.

Ja, das kenne ich auch noch. Kennt ihr das auch noch aus dem Gottesdienst? Also die von euch, die auch als Kinder im Gottesdienst waren? Still sitzen, nicht stören, warten, bis die Erwachsenen fertig sind. Und ganz ehrlich, hat sich groß was daran geändert? Das ist eine berechtigte Frage.

Darüber wollen wir heute vielleicht auch sprechen. Aber wir wollen vor allem über Adultismus sprechen. Was sich dahinter verbirgt, das werden wir gleich von einem Experten erfahren.

Und jetzt sind wir durcheinander gekommen. Habe ich dir was vorweggenommen? Nee? Du stellst jetzt unseren Gast vor. Nein.

Du wolltest erst in die Runde mal so nach Durchschnittsalter uns zu fragen. Echt? Ja. Habe ich mir so pfiffig überlegt, dass wir mal gucken, wie alt sind die Leute hier im Raum.

Wie ist das denn hier? Ist hier jemand unter 18? Unter 80. Unter 80. Kommen wir mal oben an der Sache ein bisschen näher.

Ja, also, das ist irgendwie auch schon bezeichnend, oder? Okay, wie viele Leute sind unter 30 hier im Raum? Ja, das ist schon die Mehrheit, würde ich sagen. Und unter 30 gilt man ja in der Ökumene, also in der internationalen Kirche, gilt man ja bis 35 als Jugendlich. Das ist ja auch schön.

Das ist wie bei den Jusos. Da ist man auch mit bis 35 bei den Jusos. Ich weiß nicht, wie das bei den anderen ist.

Bis 35? Ja, ja, ja, doch, doch. Man ist noch sehr lange jung, und das ist schön. Aber in einer alternden Gesellschaft vielleicht auch manchmal fragwürdig, wenn wir die Jüngeren aus dem Blick verlieren.

Das ist ein Problem. Darüber wollen wir sprechen. Und soll ich Ihnen jetzt vorstellen? Ja, wir sprechen darüber mit jemandem, der nicht nur Wissenschaftler ist, sondern auch Vater und Dortmunder mit ganzem Herzen.

Das werden wir gleich bestimmt auch noch. Und der hat auch ein Buch geschrieben, das uns alle wachrütteln sollte. Ja, unser Gast heute ist Professor in dieser Stadt.

Er ist auch neulich Prediger, haben wir erfahren. Er wird diesen Sommer noch predigen hier in Dortmund beim Saisoneröffnungsgottesdienst, hier nebenan in der Gründungskirche des BVB. Er ist aber eigentlich Soziologe, Bildungsforscher, Autor, Prof und hat zahlreiche Bücher geschrieben, die es auch unten noch geben wird heute.

Das Integrationsparadox, Mythosbildung, Wozu Rassismus? Aber wir sprechen heute über sein neuestes Werk, Kinder, Minderheit ohne Schutz. Und jetzt würde ich sagen, jetzt darf er kommen, oder? Ich glaube, du darfst kommen. Macht ordentlich Krach für Prof. Dr. Aladin El Malfalani.

Schön, dass du da bist. Ja, die Leute sollen ja auch hören, wie massig voll es hier in Dortmund ist. Schön, herzlich willkommen, Aladin.

Freut mich, hi. Aladin, wir haben dir ja unsere Fragen oder so in etwa, was wir heute mit dir besprechen wollen, vorher geschickt. Aber wir haben dir auch etwas nicht geschickt.

Damit überraschen wir dich jetzt. Wir machen so ein paar Entweder- oder-Fragen. Die Leute, die schon mal Stachel und Herz gehört haben, kennen das vielleicht, dass wir manchmal unseren GästInnen auch Entweder-oder-Fragen stellen.

Aber erstmal müssen wir auch zu unseren Getränken hier vorne sagen. Wir haben BVB-Bonbons. Die habe ich von meinem Sohn geklaut.

Und wir haben alkoholfreien Aperolspritz. Also nicht, dass ihr jetzt etwas Falsches denkt. Wir wollten ein sommerliches Getränk, was farblich auch schön aussieht.

Also Prost auf einen tollen Podcast. Zum Wohl. Ich hoffe, ihr habt auch alle ein Getränk von unten.

Ihr habt nicht so wundervollen alkoholfreien Aperolspritz. Ist der wirklich alkoholfrei? Der ist wirklich alkoholfrei. Der ist wirklich alkoholfrei? Und das war ein Akt, das zu bekommen.

Wir werden sehen. Also ich habe keine Kosten und Mühen gescheut. Drei Supermärkte hat es gedauert.

Drei Supermärkte? Bis ich ihn gefunden habe, ja. Okay. Ich sage jetzt nicht wo.

Aber es hat was mit Kolonialwaren zu tun. Sponsert uns. Erste Entweder-oder-Frage.

Okay. Kaffee oder Tee? Wir fangen locker an. Espresso.

Textnachrichten oder Sprachnachrichten? Also häufiger Textnachrichten. Aber ich finde Sprachnachrichten ganz gut. Horrorfilm oder romantische Komödie? Horrorfilm.

Am besten Zombie-Horrorfilm. Wow. Auch noch nischig hier.

Ja. Das wusste ich auch noch nicht. Was hättest du lieber? BVB gewinnt einmal das Triple oder Bayern nie wieder Meister? Das Erste.

Echt? Wow. Das hat es noch nie gegeben. Also das wird es auch nie geben.

Hättest du lieber 10 Jahre Stadionverbot oder eine Woche lang in Dortmund Schalke-Trikot tragen müssen? Schalke-Trikot tragen. Eine Woche lang in Dortmund Schalke-Trikot tragen? Weißt du eigentlich, dass du Schalke-Fan bist? Ich bin nicht Schalke-Fan. Ich bin kein Fußball-Fan.

Guck mal, da ist eine Schalke-Fan. Sympathisantin. Entschuldigung, wir sind hier in Dortmund.

Ich sage nur manchmal, dass mein Uropa in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts bei Schalke gespielt hat. Das ist das Einzige, was ich manchmal sage. Und dafür kann man ja nichts.

Aber ich war letztens auch auf Schalke in der Nordkurve beim Robbie-Williams-Konzert. Okay, das ist erlaubt. Das verbindet mich noch damit.

Ich bin dran. Lieber einen Tag lang im Kindergarten als Erzieher arbeiten oder einen Tag im Bundestag als Sitzungsleiter? Auf jeden Fall in der Kita. Er hat ja beides was von Kita.

Vielleicht auch manchmal. Wärst du lieber auf einem Integrationsgipfel oder auf einer Familienfeier mit politischen Meinungen? Das Zweite habe ich nicht verstanden. So eine Familienfeier, wo alle so richtig politische Meinung haben und heiß herdiskutieren.

Wo Onkel Norbert so ein paar Parolen von sich gibt. Was war das Erste nochmal? Integrationsgipfel. Also habe ich beides schon oft genug erlebt.

Aber wahrscheinlich ist Familienfeier passender. Finde ich interessant. Lieber jedes Mal, wenn du jemanden Neuen kennenlernst, deinen Migrationshintergrund erklären müssen oder bei Markus Lanz immer Professor Doktor genannt werden? Weiß ich nicht.

Beides mittelmäßig, aber auch nicht so schlimm. Also Markus Lanz. Mit wem hättest du lieber ein Streitgespräch? Mit einem Vierjährigen in der Trotzphase oder mit Friedrich Merz? Eieiei, Leute.

Danach hast du es geschafft. Herausfordernder ist es wahrscheinlich mit Friedrich Merz. Mit Vierjährigen kann man noch verhandeln.

War das jetzt adultistisch? Egal, da kommen wir gleich erst zu. Aladin, du warst schon mal bei uns im Podcast. Den haben wir auch hier aufgenommen, allerdings ohne Publikum.

Und du weißt, dass wir Funfacts am Anfang des Podcasts immer abfragen. Funfacts, die man nicht googeln kann. Und Thea hat dich vorgewarnt und hat dich gefragt, dass du drei neue Funfacts mitbringen musst.

Die ersten Funfacts, die waren schon richtig gut, die du mitgebracht hast. Was waren die damals? Du hast erzählt, dass du mit deiner Schwester beim Ballett und beim Reiten, glaube ich, warst. Das war schon ziemlich gut.

Das wusste ich gar nicht. Das kann man wahrscheinlich auch nicht googeln. Aber jetzt wahrscheinlich, wenn wir das öfter noch erwähnen, dann wird man es irgendwann googeln können.

Und auf dem Whitney Houston-Konzert, meine ich, hast du auch erzählt. Den dritten weiß ich nicht mehr. Das war der dritte.

New Kids on the Block und so musste ich alles mit meiner Schwester machen. So, jetzt brauchen wir drei neue. Aber das ist natürlich jetzt ein Ding, weil das mit Reiten und Ballett, dachte ich, hätte ich noch nicht erzählt.

Also auf jeden Fall etwas, das, ihr wisst das, aber das wäre sehr aufwendig, das rauszubekommen. Es gibt keine Veranstaltung, zu der ich so treu so lange hingehe, wie der Deutsche Evangelische Kirchentag. Also wenn man durchrechnet, Berlin, Dortmund, Frankfurt, Nürnberg, Hannover und Stuttgart davor war ich sogar eingeladen, konnte ich nicht.

Das heißt, fünf Mal in Folge, also selbst Soziologiekongresse war ich nicht fünf Mal in Folge. Das heißt, das ist doch erst mal. Das ist ein Funfact, ja.

Und ich war auch bei meiner eigenen Religionsgemeinschaft nicht so regelmäßig bei so großen Events. Und bei den Katholiken war ich nur einmal. Aber ich habe ja letztes Mal auch erzählt, warum mich Protestanten besonders interessieren.

Also es hat was mit Kapitalismus und Max Weber zu tun. Reden wir heute nicht drüber. Wer das hören möchte, muss nochmal in die alte Folge.

Verlinken wir euch in den Shownotes. Ich habe echt sehr viele Rückmeldungen bekommen darauf. Also genau auf den Themenbereich.

Das ist jetzt ein bisschen Cliffhanger, aber geht jetzt nicht anders. Ist das ein Funfact? Das ist im Deutschen Evangelischen Kirchentag oder mit Max Weber? Mit dem Kirchentag. Ja, das gilt.

Doch, doch, das ist gut. Ich weiß jetzt nicht, was daran Fun ist, aber okay. Fun steht auch im Klammern.

Okay. Fun ist optional. Okay.

Etwas, was ich, glaube ich, wirklich noch nie erzählt habe, ist der Grund, warum ich bei der Bundeswehr war. Dass ich bei der Bundeswehr war, glaube ich... Das kann man in deinen Büchern lesen. Genau, das habe ich sogar in Büchern geschrieben.

Aber ich habe damals... Ich war ja Punk. Und war nur in so Milieus unterwegs, wo die Leute sich sehr viel Mühe gegeben haben, ganz ausgemustert zu werden. Und wenn das nicht ging, haben die halt verweigert und waren beim Zivildienst.

Und ich habe erzählt, dass ich zur Bundeswehr muss, weil ich sonst nach Syrien zur Bundeswehr muss. Weil ich habe zwei Staatsangehörigkeiten. Und das war gelogen.

Ich muss in Syrien nicht, weil ich habe keinen Bruder. Also einzelne Söhne. Ich habe nur Schwestern, aber davon reichlich.

Aber wenn man keinen Bruder hat, dann der einzige Sohn muss nicht zum Militär. Wir reden jetzt von Zeiten, wo man das nicht hätte googeln können. D.h. die Leute haben mir das geglaubt und gesagt, ja, echt scheiße, aber dann musst du das halt machen usw.

De facto wollte ich dahin. Also ich wollte zur Bundeswehr. Und musste aber lügen.

Ich habe wirklich alle angelogen. Und dann behauptet, ich habe in einer Punkband gespielt. Da kannst du nicht sagen, ich habe Bock, zur Bundeswehr zu gehen usw.

D.h. passt vielleicht gerade in die Zeit. Bei mir gab es keine Zeitenwende. Ich fand Bundeswehr noch nie schlimm.

Da kannst du dich nicht mehr blicken lassen im Autonomen Zentrum, wenn du sagst, ich will zur Bundeswehr. Kann ich mich jetzt auch nicht mehr. Aber das ist vielleicht etwas, wenn Freunde von mir hören, selbst Freunde, mit denen ich jetzt noch zu tun habe, hören die das zum 1. Mal, wenn sie den Podcast hören.

Einen von denen habt ihr ja mal kennengelernt. Einen hoch auf lange Freundschaften. Und das 3. wäre jetzt Ballett gewesen.

Lass mich mal kurz überlegen, ob es noch etwas gibt. Vielleicht hatte deine Schwester noch ein interessantes Hobby. Das habe ich alles erzählt.

Wenn es auch noch Konzerte waren. Reiten. Ich war voll gut im Reiten auf einmal.

Besser als sie später. Aber lass mich noch mal ganz kurz überlegen. Könnt ihr ja rausschneiden, wenn das zu lange wird.

Julian? Ihr müsst es jetzt aushalten. Lass mich ganz kurz überlegen. Das ist echt die Challenge.

Man muss 3 Sachen sagen. Sarah ist so unerbittlich dabei. Jetzt kram mal so richtig tief.

Ich glaube, wir haben alle was davon, wenn ihr lange nachdenkt. Es kann nur besser werden. Wenn wir jetzt schon Dinge erfahren haben, die selbst deine besten langjährigen Freunde nicht wussten.

Dann kann es nur noch besser werden. Da könnte noch ein richtiges Schätzchen jetzt kommen. Oder auch nicht.

Na gut. Wenn mir was einfällt, sage ich es gleich. Vielleicht fällt dir später noch was ein.

Ich habe einfach alles schon erzählt, was so interessant ist. Einfach ein offenes Buch. Verhext.

Wir dürfen nie mehr reden. Bis jemand unseren Namen sagt. Was ist denn nun Adultismus? Adultismus kommt von Adult.

Also Erwachsenen. Ich mache es mal ganz einfach. Es ist eine Formulierung dafür, dass wir in einer Gesellschaft leben, die von Erwachsenen und für Erwachsene gemacht ist.

Wo die Dominanz ausgeht von Erwachsenen. Sowohl im expliziten als auch im impliziten. Implizit meint, wenn wir uns angucken, wie wir Dinge bauen.

Wie wir Verkehr organisieren. Dass da eigentlich nie berücksichtigt wird, dass es Kinder gibt. Kleine Menschen.

Menschen, die nicht so schnell sind. Und so weiter und so fort. Das kann man auf alles Mögliche beziehen.

Auch darauf, wie wir rechtlich Dinge organisieren. Wir finden so viel selbstverständlich, dass man bis zu einem bestimmten Alter kein Rechtssubjekt ist. Und vieles mehr.

Auf alles Mögliche bezogen, dass es eine Gesellschaft ist, die nur Erwachsene als Menschen sieht, die ernst zu nehmen sind. So könnte man es zusammenfassen. Das betrifft auch zum Beispiel, ich weiß nicht, ob es dich so weit interessiert, aber ich erzähle ein paar Sachen, die nicht unbedingt im Buch stehen.

Interessiert uns. Selbst innerhalb der Forschung, der Begriff Sozialisation und die gesamte Sozialisationsforschung basierte immer darauf, zu gucken, wie man erwachsen wird. Das Ziel war immer erwachsen.

Man hat sich Kindheit angeguckt, nur unter der Voraussetzung, dass Kinder unvollständig sind. Und hat sich gefragt, wie werden daraus ernst zu nehmende Menschen. Das war selbst in der Forschung so.

Das nimmt jetzt zunehmend ab. Da sind so Kindheitssoziologische Ansätze sehr neu. Wo man sich Kinder nicht anguckt, unter der Voraussetzung, die sind noch nicht erwachsen und werden erwachsen.

Da geht es darum, Kinder sind Kinder. Wir denken nicht darüber nach, wie man erwachsen wird. Wie man ein Subjekt wird.

Auch so Agency-Konzepte betrachten das. Untersuchen wirklich auf eine fast schon übertriebene Art und Weise, wie Kinder handlungsmächtig sind. Selbst dann, wenn wir sie eigentlich nicht zulassen.

Was die machen, sobald Erwachsene nicht hingucken. Was darauf hindeutet, dass sie Handlungsmacht besitzen. Das sind alles die neuesten Ansätze.

Die gesamte Geschichte der Sozialwissenschaften haben Kinder nie als ernst zu nehmende Subjekte angesehen. Die meisten Menschen finden es langweilig, wenn man sich mit Wissenschaftsgeschichte auseinandersetzt. Aber wenn bestimmte fehlerhafte oder fehlende Denkformen identifizierbar sind in der Wissenschaft, dann ist es ganz sicher in der Gesellschaft auch so.

Besonders dann, wenn in der Wissenschaft bestimmte Einseitigkeiten da sind, dann sind die in der Gesellschaft auf jeden Fall da. Das, was man schon erkennt, ist, dass die Wissenschaft meistens bei bestimmten Reflexionsprozessen fast immer weiter ist, als die Gesellschaft im Durchschnitt. Deswegen kann man immer, wenn man sich etwas anschauen möchte, ich mache es zumindest so, das ist ein schlaues Vorgehen, guckt man sich an, wie wissenschaftliche Disziplinen mit dem Phänomen in der Vergangenheit umgegangen sind und wann das aufgehört hat.

Wenn man sieht, dass das sehr lange gebiased war, also mit einem eingeschränkten Blick war, dann ist das immer ein guter Hinweis darauf, dass man sich fast sicher sein kann, dass das in der gesamten Gesellschaft so war. Ich glaube, das letzte Mal, wo wir gesprochen haben, haben wir das am Beispiel von Rassismus gemacht. Dass die Aufklärung und die gesamte Wissenschaftsgeschichte so war, dass da Rassismus produziert und reproduziert wurde.

Dann ist es total klar, dass man nicht mehr weiter forschen muss und weiß, dass das in der gesamten Gesellschaft so war, wenn das sogar in der Wissenschaft so war. Das wäre bei Adultismus genauso nachweisbar. Selbst in der Soziologie meiner Disziplin ist es keine 30 Jahre her, wo man Kinder nicht ernst genommen hat.

Das ist wirklich interessant, weil du hast dich ja vor allem sehr intensiv in den letzten Jahren mit dem Thema Adultismus auch auseinandergesetzt. Wenn du sagst, in der Soziologie war das auch noch nicht so lange her, dass es kein Thema war und jetzt entwickelt sich das so und auch gesamtgesellschaftlich, gerade auch, was ich so mitgekriegt habe, gerade auch mit eurem Buch, was ja sehr eingeschlagen ist und so, wo man ja auch gemerkt hat, okay, ihr habt da irgendwie auch Nerv getroffen, das interessiert viele Menschen, das ist irgendwie so ein bisschen wie vor fünf Jahren mit Rassismus, aha, da ist ja was, oho, ja, kann man so, ne? Wenn du jetzt darüber nachdenkst, Thea hat ja gerade schon zum Einstieg ein paar Sprüche gesagt, die wir vielleicht so als Kinder kennen, geht es dir auch so, dass du sagst, an dem und dem Spruch wird es nochmal sehr deutlich, was Adultismus ist und wenn du dich sehr intensiv in den letzten Jahren damit auseinandergefasst hast, würdest du sagen, du hast auch mal solche Sprüche verwendet und würdest heute sagen, oh Gott, oh Gott, würde ich heute so nicht mehr sagen, aber kenne ich entweder auch aus der Kindheit oder, ich muss jetzt ja auch keinen Seelenstriptease hinlegen und sagen, was du schon gesagt hast, aber so Sprüche, wo du vielleicht selber gar nicht so richtig drüber nachgedacht hast und gerade in den letzten Jahren gemerkt hast, oh ja, das würde ich jetzt nicht mehr so sagen. Also Sprüche kann man jetzt auch nennen, was weiß ich, sei still und das sehr laut und aggressiv, würde man Erwachsenen gegenüber ganz sicher nur in schlimmsten Ausnahmesituationen machen, Kindern gegenüber fällt das sehr leicht, das geht so ganz entspannt von der Hand und ist auch keine Seltenheit, aber ich finde es noch krasser, da habe ich auch jetzt vor kurzem noch mit einem kleinen Jungen zwölf Jahre, aber es ging um seinen Bruder, der ist so fünf, sechs gesprochen und dass man so einen Fünfjährigen einfach anfasst als fremde Person, also er geht in den Zug rein und wartet nicht, es ist halt das erste Mal, dass er in den Zug einsteigt und wartet nicht, bis die Leute rausgehen erstmal, man lässt ja erstmal die Leute raus und geht dann rein, hat er nicht gemacht, machen Erwachsene auch manchmal nicht, keiner käme auf die Idee, einen erwachsenen Mann zu fassen und rauszuziehen, aber bei einem Kind passiert das dann einfach und das ist natürlich viel krasser als zu sagen halt den Mund oder sei still oder sonst irgendwas, aber einfach die Art und Weise, dass wenn wir sagen Höflichkeit, respektvolles Verhalten und so weiter ist doch selbstverständlich, dann ist das bei den allermeisten Leuten, also wirklich den allermeisten Leuten so, dass das sich nur auf Erwachsene bezieht und um das nochmal deutlicher zu machen, zwei Erwachsene, die sich lieb haben, machen das erst recht nicht, einfach so leichtsinnig und eine Mutter oder ein Vater mit einem Kind und die haben sich jetzt auch noch lieb und so, da passiert das unfassbar häufig und selbst muss man sagen, selbst Lehrkräfte und Erzieherinnen und so machen das auch und klar ist, was weiß ich, wenn das Kind auf die Straße läuft und überfahren werden könnte, dann schreit man natürlich, das ist auch dann richtig und so, aber wenn man da einfach irgendwo sitzt und sagt jetzt, sei still und so weiter und also wirklich ein heftiges Verhalten und wenn man das dann halt sehr oft macht, dann würde ja eigentlich einem auffallen, ich mache das so oft, das scheint also einem erstens nicht zu helfen, zweitens scheint mich was zu stören, was offenbar häufig passiert und das würde also, wenn es so wäre, dass wir merken, das war eine Grenzsituation, das war nicht in Ordnung, würde man zum Nachdenken kommen, aber das passiert ja offenbar nicht, das heißt, das ist selbstverständlich.

Aber haben Erwachsene nicht auch, gerade wenn du Lehrkräfte sagst oder auch Eltern, nicht vielleicht das Gefühl, ich muss das sagen, um dem Kind was beizubringen, weil es gesellschaftskonformer ist, dass du jetzt still bist? Ja, also die Intention mag so sein, ich glaube sogar in den häufigsten Fällen meint man was Gutes damit, aber das zeigt einfach nur, dass wir erwarten, dass Kinder etwas lernen, was wir ihnen gegenüber gar nicht symbolisieren, repräsentieren, vollziehen. Und das zeigt, sie sind dann unvollständig. Also jeder Erwachsene, der meint Kinder verbal vom Respekt, vom Stil und so weiter anders zu behandeln als Erwachsene, der zeigt damit, ob bewusst oder unbewusst, ob bösartig oder eigentlich mit einer guten Intention, dass ein Kind für ihn kein Subjekt ist, kein Mensch, der an sich schon ein vollständiger Mensch ist.

Also wenn man jetzt zum Beispiel sagt, wenn man vom Verhalten Schwarzen Menschen oder Muslimen anders auftritt als bei anderen, würden wir schnell sagen, da stimmt was nicht mit der Person. Und es fällt den Leuten offenbar schwerer zu akzeptieren, dass wenn ich Kindern gegenüber eine andere Logik von Respekt und Höflichkeit und so weiter habe, dass das das Gleiche ist, nur eben auf Alter bezogen, Adultismus halt. Und Adultismus, um das nochmal so deutlich zu sagen, wäre sozusagen so strukturelle Benachteiligung und Diskriminierung aufgrund des jungen Alters.

Es gibt ja auch noch Altersdiskriminierung aufgrund des alten Alters, die Diskriminierung alter Menschen. Und das äußert sich in verschiedenen Formen und ich habe jetzt am Anfang gesagt, so Verkehr und so, aber das drückt sich auch in Alltagskultur, in Sprache und all dem aus. Von daher würde ich sagen, wir leben nach wie vor in einer sehr adultistischen Gesellschaft, die aber sich total viel Mühe gibt, Kindheit zu schützen.

Und das ist auch oft ein paradoxes Verhältnis. Wir haben eine große, eine extreme Vorstellung von, was ist eine gute Kindheit und sind zumindest schon mal so weit zu sagen, Gewalt sollte da keine Rolle spielen, körperliche Gewalt mindestens. Also das Kindeswohl berücksichtigen wir immerhin, das ist schon mal ein Fortschritt, aber das führt nicht dazu, dass Kinder Subjekte sind.

Das führt dazu, dass sie unvollständige Wesen sind, die jetzt wenigstens beschützt werden und nicht mehr geschlagen werden, wenn sie Blödsinn gemacht haben oder so, oder irgendwas gemacht haben, was den Erwachsenen nicht gefällt. Aber nur, weil wir Vorstellungen haben von einer guten Kindheit, heißt das nicht, dass wir nicht mehr adultistisch sind. Und deswegen gibt es da häufig vielleicht auch diesen Widerstand dagegen, dass man sagt, ja, aber ich mache das doch den Kindern zuliebe oder ich mache das ja, weil ich es gut meine.

Ist ja auch wieder ähnlich wie bei Rassismus. Also in der Kirche ist es auch so, also ist ja alles gut gemeint. Ja, klar.

Also es sind auch so Parallelen. Aber ich glaube bei Adultismus gibt es schon einen Unterschied, weil jeder Mensch war mal ein Kind und die Art und Weise, wie Kinder früher behandelt wurden, war in mancher Hinsicht schlimmer als heute und in anderer Hinsicht besser als heute. Aha, in welcher? Da man sich nur an die schlimmeren Dinge erinnert, meinen viele ältere Leute, also die, die ganz schlimme Kritik an unserem Buch geübt haben, waren ausschließlich ältere Menschen, die nicht dazu forschen und die nicht sich damit richtig beschäftigen, weil die aus dem hohen Bauch heraus gesagt haben, bei uns früher war doch alles viel schlimmer.

Und so weiter. Ist doch ein Riesenfortschritt und ihr tut so, als wäre es jetzt so schlimm. Und tatsächlich, wenn wir jetzt sagen würden, Adultismus, wenn es nur darum geht, würde ich eher sagen, ist es auf keinen Fall heute schlimmer, eher günstiger, weil auch körperliche Gewalt und so weiter, da ist schon einiges Positives passiert.

Aber in dem Buch geht es ja nicht um Adultismus, sondern darum, dass Kinder jetzt auch noch eine Minderheit werden. Und das ist ein großer Unterschied zu den vergangenen Jahrzehnten. Genau, da sprichst du jetzt das auch schon an, was jetzt als nächstes wäre.

Ihr habt ein Buch geschrieben, also du und Sebastian Kuttenbach und Klaus-Peter Strohmeier habt ein Buch geschrieben, das neu rausgekommen ist. Kinder, Minderheit ohne Schutz. Und da sprecht ihr eben genau darüber, dass Kinder zu einer Minderheit in der Gesellschaft geworden sind.

Was meint ihr damit? Also wir haben seit 1972 ein Geburtendefizit, so nennt man das, das hört sich voll schlimm an, das heißt einfach nur, es werden weniger Kinder geboren in Deutschland als Menschen sterben. Das ist übrigens das älteste, erste und älteste Geburtendefizit der Welt. Und ohne Migration, also ohne Zuwanderung, würde Deutschland seit 1972 schrumpfen.

Also seit über 50 Jahren würden wir Jahr für Jahr weniger Einwohner haben. Wir hatten also sehr viel Migration, weil wir haben mehr Einwohner als vorher. Ich rede übrigens über Ost und West zusammengerechnet.

Ich rede nicht nur über Westdeutschland, alles zusammengerechnet. Und seitdem geht die Anzahl der Geburten zurück. Fast durchgehend, fast linear.

Und das führt jetzt dazu, dass wir noch nie so wenig Kinder und Jugendliche hatten wie heute. Das heißt, das ist erstmal nur eine Beobachtung, zahlenmäßig ist es eine Minderheit. Und jetzt muss man das koppeln mit Adultismus, weil zahlenmäßig eine Minderheit ist eigentlich genial.

Wenn man wenige Kinder hat, kann man sich um die doch richtig gut kümmern. Das wäre ja eigentlich voll gut. Wir hätten viel Geld und könnten uns jetzt richtig gut um die kümmern.

Aber wenn wir jetzt Adultismus und zusätzlich noch Minderheitenstatus, also die Gefahr, man kann übersehen werden, die Gefahr, man der ganze Altersdurchschnitt der Bevölkerung, das häufigste Alter in Deutschland ist 61. Die meisten Menschen in Deutschland sind 61 Jahre alt. Das heißt, es gab in der Geschichte noch nie eine Situation, wo Kinder, sagen wir mal, Kinder vor der Einschulung, unter 5-Jährige, so weit weg waren vom Altersschwerpunkt der Bevölkerung.

Es gab es in der Geschichte noch nie, das kann man einfach so sagen. Habe ich übrigens mich auch getraut, vor Historikern zu sagen, noch nie. Und Historiker, wenn man das Wort nie benutzt, werden Historiker immer sehr empfindlich.

Aber da hat wirklich keiner noch mal nachgefragt oder so, sondern da war klar, das war noch nie so. Und diese Kombination aus Minderheitenstatus und der Position, so weit weg vom Schwerpunkt der Bevölkerung zu sein, plus es ist immer noch adultistisch, führt dazu, dass wir eine schlimmere Situation haben als früher. Das wäre wirklich meine These.

Und das kann man mit vielen Sachen belegen. Wir übersehen vollständig, wie die Lage von, die soziale Lage von Kindern und Jugendlichen ist. Wir reden darüber nicht, es ist auch sehr rational, darüber nicht zu reden.

Im Wahlkampf spielt es nie eine Rolle, nicht einmal in Landtagswahlkämpfen. Und das ist schlau, weil Kinder sind nicht wahlberechtigt und Eltern sind auch wenige. Wenn wir so wenig Kinder haben wie noch nie, haben wir auch so wenig Eltern von Minderjährigen wie noch nie.

Und die sind also auch wenige und es gibt keine Bevölkerungsgruppe, in der so viele nicht wahlberechtigt sind, wie bei Eltern von Minderjährigen, weil sie keine deutsche Staatsangehörigkeit haben. Das heißt, Eltern von Minderjährigen als Wählerinnen und Wähler, auf die kann man vollständig verzichten. Vollständig.

Es ist einfach nicht relevant, so wenige sind es. Und dazu kommt halt auch noch, dass die Familien sich so enorm pluralisiert haben. Das ist erstmal voll gut.

Frauen haben sich emanzipiert, wir haben Regenbogenfamilien und dadurch aber auch unvollständige Familien, wie man sagt, Einelternfamilien oder Vielelternfamilien, Patchworkfamilien, also es ist super pluralisiert. Die ökonomischen Verhältnisse gehen enorm auseinander von Familien und durch Migration ist das auch noch, also dass Familien, die formen, Erwachsene mit Kindern ist am häufigsten, der häufigste Fall in migrantischen Haushalten und das führt dazu, dass Familien gar nichts gemeinsam mehr haben, wenig gemeinsam haben. Also sie sind nicht nur wenige und nicht nur viele von ihnen sind nicht wahlberechtigt, sondern selbst wenn alle wahlberechtigt wären, sie haben nicht wirklich ein gemeinsames Ziel außer den Kindern.

Und keiner, das ist ja leider so, dass auch Eltern nicht für ihre Kinder abstimmen. Eltern interessieren sich nicht so sehr in der Masse jetzt für das, was eine Partei für Kinder anbietet. Die interessieren sich vielleicht für Steuern oder für Arbeitsmarktpolitik oder wenn ein Elternteil selbstständig ist, was macht man für Selbstständige und so weiter.

Selbst Eltern, das ist kulturell bei uns in Deutschland bedingt, sehen sich in der Verantwortung um die Kinder zu kümmern und können akzeptieren, dass wenn die Politik das nicht so doll macht vielleicht, wie man machen könnte und so weiter, zumindest zu großer Teil. Und das letzte, alles was Familien gemeinsam haben, ist wenig Zeit. Und wenig Zeit heißt auch wenig Möglichkeiten, Öffentlichkeit herzustellen, sich zu engagieren, politisch zum Beispiel selbst zu engagieren.

Wir haben einen unfassbar geringen Anteil von Leuten, die in der Politik aktiv sind und minderjährige Kinder zu Hause haben und so weiter und so fort. Also auch die ganzen Entscheidungen, wenn man sich einfach überlegt, die einzigen beiden oder ich will jetzt gerne den Namen und Zahlen nennen, aber zum Beispiel während der Pandemie die einzigen, die zumindest versucht haben von den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, von den Ministern und so weiter, mal kurz auch darüber nachzudenken, was es für Kinder bedeutet, was wir für Maßnahmen ergreifen, sind interessanterweise die, die minderjährige Kinder zu Hause hatten. Das heißt, das ist echt ein Problem und das ist kein Defizit von anderen.

Also das ist halt, wenn man Zielkonflikte hat, wir haben wenig Geld und müssen jetzt überlegen, was machen wir mit dem wenigen Geld oder wenn man schnell entscheiden muss, dann denkt man nur das mit, was mit einem selbst zu tun hat. Selbst ich wäre so und mein Job ist es eigentlich alles im Blick zu haben und ich wäre auch so in einer krassen Zeitdrucksituation. Das erste, was mir einfällt, ist, was für mich am besten ist.

Das erste, was intuitiv klar ist, ist, was in meine Lebenswelt passt. Deswegen ist es eine totale Illusion, dass andere einfach mal so nebenbei auf einer Arschbacke, so nebenbei, Kinder mit berücksichtigen. Das Hauptargument gegen unsere These, dass Kinder politisch keine Rolle spielen, weil sie halt, sie und ihre Eltern bei Wahlen so eine kleine Rolle spielen, ist folgender.

Ist gar kein so doofer Gedanke, der ist nur falsch. Trotzdem, auch wenn er sich gut anhört, dass nämlich ja die meisten Wähler sind im Großelternalter. Aber wer glaubt, dass Großeltern wirklich wirksam ihre Enkelkinder mit berücksichtigen können, der kann sich erstens anschauen, was die Menschen im Großelternalter so wählen und ob das so sinnvoll ist.

Zweitens könnte man sich überlegen, war es nicht immer so, dass Männer eine Mama hatten, die sie idealerweise auch lieb hatten? Waren Männer deshalb schon immer Feministen, um für ihre Mutter das Beste zu wollen? Komischerweise nicht. Wieso glaubt man das bei Opis und Omis auf einmal? Das ist ja völliger Quatsch. Zu glauben, irgendwer, und ich meine, die mögen sich und selbst wenn Großeltern sagen, ich will für meine Enkel abstimmen, ist die Frage, gelingt das auch wirklich oder ist das nur eine nette Intention? Weil auf der intentionalen Ebene, was möchte ich gerne, sind wir fast alle gute Menschen.

Auf dem Handlungsvollzug sind es nicht mehr so viele, um das vorsichtig auszudrücken, und diese Lücke muss man irgendwie füllen und deswegen ist es ein großes Problem, wenn man demokratisch sich nicht repräsentieren kann, als Familien mit Kindern, aber was halt auch ein Problem wird, dann bin ich auch schon durch mit dem Thema, ist, dass Kinder auch aus dem öffentlichen Raum verdrängt werden. Also wenn wir eine alternde Gesellschaft sind und der Schwerpunkt auf 60-Jährige ist, und wir gucken uns mal an, unsere Medien, für die wir viel Geld ausgeben, ich rede nicht von Social Media, sondern das, wofür die deutsche Gesellschaft viel Geld ausgibt, das ist interessanterweise für Leute im Altersdurchschnitt so um die 60. Könnte Zufall sein, könnte aber auch mit dem Zusammenhang, was ich gerade gesagt habe.

Dass die die Markus Lanz gucken? Zum Beispiel, genau. Und ich gehe da ja auch nur hin, damit die das auch mal hören, was ich so über Kinder erzähle. Das ist so nett von dir.

Und die öffentlichen Räume, also wir denken gerade voll darüber nach, wie wir bald mit sehr viel Hochaltrigen den öffentlichen Raum so organisieren, dass sie so lange wie möglich eigenständig leben können, Klammer auf, weil wir zu wenig Pflegeheime haben werden, Klammer zu, aber auch aus guten Gründen, nicht nur aus ökonomischen, aber auch aus ökonomischen Gründen und so weiter. Und wir stellen uns also auf Eltern ein und sind darauf noch gar nicht richtig eingestellt und wir stellen uns sonst auf Erwachsene ein. Das ist auch nachvollziehbar, die halten den Laden am Laufen und so weiter und so fort, aber für Kinder und Jugendliche wird immer weniger gemacht.

Darf ich fragen, seid ihr in den 70er Jahren geboren? Nee, ihr seid bei den 80ern geboren. Excuse me? Fast 90er eigentlich. Nein, nein.

Ihr seid 80er, aber das trifft für euch auch noch zu, wenn es nicht Ende der 80er ist. Darf man das fragen? Ich bin 1983 geboren. 85.

Ihr zählt noch dazu. Passt auf, weil ihr müsst euch Folgendes vorstellen, die Babyboomer, sagen wir mal die, die bis 1969 Du hast gerade gesagt, du bist fast fertig, jetzt fängst du bei den Babyboomern an. Ich dachte vielleicht doch nochmal was Praktisches.

Die, die bis 1969 geboren sind, 60 bis 69 oder 58 bis 69, die nennen wir Babyboomer. Der größte Peak war 1964, also der Geburtsjahrgang 1964. War das vor 61 Jahren etwa? Bitte? Ja, genau.

Sehr gut, sehr gut. Du hörst zu. Ich bin zufrieden.

Also diese ganze Generation, die waren viele. Das heißt, die lebten in einer schlimmen adultistischen Gesellschaft, aber die waren ganz viele. Das hatte viele Nachteile, weil von allem war zu wenig für sie da.

Sie waren immer zu viel, das haben die auch gefühlt. Das war die Zeit, wo die Hörsäle überfüllt waren, wo es, obwohl wenige Kinder in Westdeutschland in die Kita geschickt wurden, zu wenig Kitaplätze da waren. Nur damals waren viel zu wenig Kitaplätze da, zu wenig Grundschulplätze.

Ein paar Jahre später zu wenig Gesamtschulen, Gymnasien und so weiter. Alles war zu wenig. Es war immer voll, egal wo die waren.

Das ist auch ein Lebensgefühl von denen. Immer zu viele. Die hatten die höchste Jugendarbeitslosigkeit, weil viel zu viele gleichzeitig in den Arbeitsmarkt gehen wollten und so weiter.

Also für die war echt problematisch. Aber der Vorteil war, auf einmal waren es einfach unfassbar viele Kinder. Die haben das Stadtbild geprägt und selbst Leute, die keine Kinder hatten oder die schon zu alt waren, konnten sie nicht mehr übersehen.

Das heißt, damals kam auch keiner auf die Idee, lass mal die Kids fragen, was die gerne hätten. Das ist nicht passiert. Aber man musste zumindest aus einer Erwachsenen Perspektive sich Gedanken machen, scheiße, das sind so viele, wir müssen was tun.

Und was ist passiert? Es wurden Gesetze gemacht. Es wurde das Bundesjugendkuratorium eingeführt, also ein gesetzlich verankertes Gremium, was die Bundesregierung in Fragen von Kindheit und Jugend berät, was bis heute da ist. Aber es ist damals eingeführt worden, auch für diese Generation eingeführt worden.

Das Deutsche Jugendinstitut, das hat kaum ein Land auf der Welt, ein Rieseninstitut, also das ist auch größer als das Institut für Migrationsforschung in Berlin, das Dezim. Das ist ein Rieseninstitut, was nichts anderes tun soll, als zu erforschen, wie Kinder und Jugendliche aufwachsen, wie es denen geht und so weiter und so fort. Wann wurde das eingeführt? Damals.

Also diese Dinge, die wir haben, unsere ganze Infrastruktur, alle innovativen Dinge, wurden für die Generation eingeführt. Wir haben die immer noch, aber die wurden damals eingeführt. Wir haben schon lange nichts Innovatives mehr gemacht für Kinder und Jugendliche.

So, das Problem ist jetzt, das wurde alles eingeführt, man hat gesagt, wir müssen Dinge tun und so, hat ganz viele Sachen auf den Weg gebracht, aber wann kamen die? Zu spät. Als wir klein waren. So ist es.

Also ich bin mit Ende der 70er, bin ich geboren, 1978 und mein Jahrgang und vielleicht noch ein, zwei Jahrgänge davor, 76, 77 auch noch, die hatten auf einmal eine Infrastruktur, die aufgebaut wurde für die Babyboomer, die waren so riesig, und meine Generation war schon ein Drittel kleiner. Ein Drittel kleiner. Und wir hatten diese Infrastruktur für so viele Leute.

Und deswegen ist es... Es ist ja paradiesisch. Genau. Also ich... So ein Jammer, dass Thea nicht in Deutschland groß geworden ist, sie hat das alles verpasst.

Ehrlich? Sag mal, wo bist du denn nochmal aufgewachsen? In Holland. Ach ja, Holland ist jetzt vergleichbar. Und in Indonesien.

Indonesien weiß ich gar nicht, in Holland war es nicht ganz doll anders. Also zumindest die Demografie, ich weiß nicht, ob die aufgebaut haben, also wie die aufgebaut haben, aber in jedem Fall, ich bin Kreis Recklinghausen in Waltrop aufgewachsen und war sehr viel in Recklinghausen unterwegs und wir wussten nicht, in welchem Proberaum wir proben sollen, wir wussten nicht, wo wir spielen sollten, alles. In Oberhausen gab es unheimlich viele Clubs auch.

Viel mehr als Jugendliche. Das war auch so. Wir waren auch überversorgt, dann halt paar Jahre später mit viel zu vielen Diskotheken.

Das meinte ich mit Clubs. Die coolen Kids sagen heute Clubs dazu. Man sagt nicht mehr Diskotheken.

Aber damals haben wir doch Disco gesagt. Alles war zu viel. Von allem hatten wir zu viel.

Also wir lebten in Saus und Braus. Bis zu denen, die Ende der 80er geboren sind, also die Jahrgänge Ende der 80er, die waren dann betroffen davon, dass man das politisch gemerkt hat. Wir haben hier viel zu viel für so wenig Leute.

Dann hat man so stark abgebaut, dass die Generationen, die in den 90ern geboren sind und noch schlimmer alle danach unterversorgt waren. Wir waren überversorgt und danach hat man zu stark alles weggemacht und dann sind die unterversorgt. Und zwar unterversorgt mit kostenlosen Möglichkeiten den Alltag zu gestalten.

Es geht nur um Kostenlose. Kostenpflichtige haben wir en masse. Aber Kostenpflichtige hat mir der Junge, von dem ich gerade gesprochen habe, auch erzählt, dass er das sehr schrecklich findet, dass er jetzt mit zwölf sich frei bewegen kann und eigentlich alles könnte, aber er muss immer Geld bezahlen und muss dann doch die Eltern fragen und muss dann doch rumbetteln und fühlt sich total in seiner Entwicklung eingeschränkt, weil für alles braucht man jetzt dann doch Geld.

Ich rede davon, dass wir für nichts Geld brauchten, für gar nichts. Der Proberaum kostete nichts, das Spielen, Sport machen kostete nichts, einfach gar nichts. Also wenn du Tennis spielen wolltest oder Golf oder so, dann musstest du natürlich Geld bezahlen, aber für all das, was man sonst machen wollte, das kostete einfach nichts.

Wir sind mit keinem Mark in der Tasche rausgegangen und sind relativ ausgelastet abends dann nach Hause gekommen und das ist nicht mehr möglich heute. Das ist tatsächlich nirgends wo mehr so möglich. Mal abgesehen davon, dass wir auch noch, letzter Punkt jetzt, also ich habe gerade jetzt Frage 3, weil ich die ganze Zeit noch einen Weingummi in den Mund nehme, ob sich das noch lohnt.

Brauchst du nicht, ich sage es jetzt in einem Satz ohne Erläuterung, weil das kann man vielleicht so verstehen und sonst musst du nämlich nochmal nachfragen. Wir haben eine Verschiebung gemacht, dass Eltern heute sich schuldig fühlen müssen, wenn dann was passiert. Das ist eine Verschiebung, eine zusätzliche Verschiebung der Verantwortung.

Das zeigt nochmal die Verdrängung aus dem öffentlichen Raum. Mir damals, nachdem ich 6 Stunden nicht zu Hause war und 8 Kilometer entfernt von zu Hause war, wenn mir was passiert wäre, hätte niemand zu Hause gesagt, sag mal spinnt ihr, dass der 8 Kilometer entfernt ist und ihr wisst nicht, wo der ist? Und würde das heute passieren, würde selbst die Polizei dich angucken und sagen, warum ist denn der da so weit weg? Warum wussten sie denn nicht, dass der da ist? Ist der weggelaufen? Oder sind sie damit einverstanden? Also das ist einfach heute so nicht mehr möglich. Und das liegt an sehr vielen Dingen, die gesellschaftlich passiert sind und dass wir eine Verlagerung haben.

Diese Verlagerung, dass die Eltern schuld sind, wenn dem Kind was passiert, geht einher mit einer Verdrängung aus dem öffentlichen Raum. Ich kann nicht sagen, was Ursache und was Wirkung ist, aber das ist passiert. Kinder sind im öffentlichen Raum nicht mehr präsent.

Sie sind wenige, aber wir sehen öffentlich draußen noch weniger, als es eigentlich sind. Und die Eltern wären schuld, wenn die Kinder alleine draußen sind und es passiert etwas. Und wenn das so ist, dann ist es eine krasse Verdrängung und dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Kinder sich ins Digitale zurückziehen, wenn das Analoge gar nicht mehr richtig möglich ist.

Hui! Ich bin fertig. Du sprachst gerade von kostenlosen Angeboten. In der Kirche sind ja auch viele Angebote kostenlos, die allermeisten.

Oh, nee, doch nicht? Nicht mehr. Selbst das nicht. Also der Gottesdienst zum Schulabschluss am Freitag, der ist kostenlos.

Du hast ja noch einen Klingelbeutel, oder? Immerhin, ne? Ich glaube, okay, aber manche Sachen für Kinder und Jugendliche, darauf können wir uns einigen, sind kostenlos. Bei manchen, okay. Nun bist du ja auch Kirchenexperte, ne? Treuer Kirchentagsbesucher und so weiter.

Ich liste das jetzt alles gar nicht wieder auf. In eurem Buch schreibt ihr auch über die alternde Gesellschaft und auch darüber, dass sich auch die Interessen verlagern, dadurch, dass die Gesellschaft altert, zum Beispiel in Gewerkschaften oder in anderen Institutionen. Du hast ja vorhin jetzt auch angefangen zu sprechen, wo sind die Interessen verlagert und komischerweise wählen Eltern oder Großeltern nicht für ihre Kinder und Enkelkinder.

Nun ist das ja in der Kirche auch ähnlich, also Kirche ist ja Teil von Gesellschaft, es ist irgendwie nicht eine Blase, wo alles wunderbar anders läuft. Und mit Jahrgang 83 gilt also ich bin oft jung in der Kirche, wenn ich mich jung fühlen will, dann gehe ich irgendwo in die Kirchenleitung oder so, dann denke ich wieder, ach, ist gar kein Problem. Du senkst den Altersdurchschnitt dann enorm.

Ja enorm, weil da sitzen die ganzen 61-Jährigen noch. Und ich frage mich dann natürlich auch häufig, was sagt das über die Zukunftsfähigkeit von Kirche aus? Warum, also es ist ja schon absurd, wenn du sagst, Eltern wählen nicht für ihre Kinder, weil sie nur an sich denken, wobei ich mich da gefragt habe, denken Eltern denn nicht auch an sich, wenn sie so wählen, dass sie zum Beispiel für Betreuungsmöglichkeiten der Kinder wählen? Also weil dann denke ich ja auch an mich, also ich denke auch an meine Kinder, hoffentlich an gute Betreuungsmöglichkeiten, aber ich denke auch an mich. Egal.

Sidenote. Ich sage es mal so, Mütter wählen eher für ihre Kinder als Väter. Sagen wir es mal so.

Ah, ja, weil Väter haben ja die Mütter, die den Rücken frei halten, die müssen nicht über die Betreuung nachdenken. Anderes Thema. Man hat ja nicht nur eine Mutter gehabt, sondern vielleicht auch noch eine Ehefrau und trotzdem ist man kein Feminist, geht auch.

So. Jetzt frage ich mich aber bei der alternden Kirche auch, das ist ja auch, also das ist so wenig zukunftsfähig gedacht, gerade weil wir in Kirche uns ja ständig, vor allem in diesen Leitungsgremien, damit auseinandersetzen, dass wir sinken, dass wir weniger Mitgliedszahlen haben und so weiter und dann gibt es aber eine junge Generation, wo wir auch zuerst Gelder sparen. Wenn es um Sparmaßnahmen geht, sparen wir in der Kinder- und Jugendarbeit.

Was würdest du sagen, sagt das denn auch über die Zukunftsfähigkeit der Kirche aus und welche Chancen und Risiken siehst du auch darin, wenn generell Institutionen und jetzt auch insbesondere die Kirche als Gemeinschaften immer älter werden, sterben die dann aus oder wie entwickelt sich das, wohin führt das? Ja, das ist echt eine Frage, die so eine Institution sich ernsthaft stellen muss. Also wenn man, man muss gar nicht so weit in die Zukunft gehen, wer jetzt 61 ist, ist in 10 Jahren 71 und in 20 Jahren 81 und die Lebenserwartung ist dann so langsam an die Grenze gekommen mit 81. Also in 20 Jahren wird der größte Teil der Bevölkerung laut mittlerer Lebenserwartung und mal Männer und Frauen gemittelt sterben.

Und das heißt, sowohl die Markus-Lanz-Gucker als auch die Leute, die die Kirche im Augenblick tragen. Na zum Glück ist Markus-Lanz dann auch im Ruhestand. Er ist ja selber ein Grenzfall von Babyboomer.

Also in 20 Jahren ist das ein großes Problem und da man in 20 Jahren das Problem nicht lösen kann, muss man es jetzt lösen. Also man muss nicht klar darüber sein, dass wenn wir jetzt sagen würden, ich sag jetzt mal Pi mal Daumen, ich weiß es jetzt nicht genau, aber ich schätze mal von 10 Leuten, die 61 sind, sind 3 protestantisch, 3 katholisch und 4 irgendwas anderes, schätze ich jetzt mal. So, wenn jetzt, wir reden jetzt über die protestantische Kirche, die evangelische Kirche.

Diese 3, diese 3 haben, also diese 3 bedeutet 70% sind nicht in der Kirche aktiv. Das sind erst erfundene Zahlen, aber damit man ein Gefühl dafür hat. Ja, so ungefähr.

Wenn nur 30% der Jüngeren in der Kirche aktiv bleiben, sind das nur halb so viele Leute, wie 30% der Babyboomer. Das heißt, selbst dann, wenn ihr es schaffen würdet, dass weiterhin der gleiche Prozentsatz einer Generation in der Kirche bleibt, halbiert sich die Zahl der Leute, weil die Kindergeneration nur halb so groß ist. Wir haben, um das jetzt deutlich zu machen, wir haben doppelt so viele 61-Jährige wie 6-Jährige oder wie 7-Jährige und wir haben noch weniger Neugeborene letztes Jahr gehabt.

Also es wird immer größer, die Differenz. Das heißt also, wenn die Kirche sagen würde, uns reicht es, wenn 30% bei uns bleiben, dann halbiert sich die Zahl, die absolute Zahl im Zeitverlauf. Und jetzt stell dir mal vor, das, was man jetzt sieht, passiert, nicht 30% der jungen Leute bleibt in der Kirche aktiv, sondern nur noch 10%.

Dann ist, dann kannst du nicht mehr jede Woche eine Kirche zumachen, sondern jede Stunde in Deutschland eine Kirche zumachen, weil dann ist es dramatisch. Damit man nur so ein Gefühl dafür bekommt, im Augenblick merkt man das noch nicht, weil die Babyboomer noch voll im Saft sind. Die überwiegenden sind noch gar nicht im Rentenalter, sind noch voll drin, wollen auch gar nicht aufstehen, wollen gar nicht die Stühle freimachen für euch, die wollen noch weiter was gestalten und so.

Und es ist ja auch toll, dass die so aktiv sind und so, dass die so fit sind und so weiter und so fort. Aber das ist auch mit ein Grund, warum wir das nicht wahrnehmen. Wir kriegen das gar nicht mit und das wird dann auf einmal schlagartig, wird das in 10 Jahren sichtbar und in 20 Jahren passieren.

Dass auf einmal das komplett wegbricht und von unten, selbst wenn die Attraktivität gleich bleibt, halbiert sich die Zahl. Wenn die Attraktivität sinkt, und ich glaube, dahin ging ja deine Frage, dann halbiert sich die Zahl nicht, sondern dann wird es ein Bruchteil, ein ganz kleiner Bruchteil. Und das ist wirklich eine Herausforderung für alle, aber für die Kirche ganz besonders.

Also für alle, die nicht durch Steuergelder vom Staat direkt finanziert sind, weil aus dem Staat kann man ja nicht austreten und aufhören, Steuern zu zahlen. Also alle, die nicht vom Staat abhängig sind, für die wird das besonders schlimm. Der Staat kann das noch einigermaßen versuchen zu kompensieren, aber die Institutionen, die wirklich selber sich finanzieren müssen, durch Mitgliedsbeiträge usw., die haben wirklich eine Herausforderung.

Ich bin mir ganz sicher, dass es in eurem Laden noch nicht richtig reflektiert wurde, was man schaffen muss in 20 Jahren. Da bin ich mir auch relativ sicher. Mein ganz anderes Thema.

Ihr habt in eurem Buch auch beschrieben, dass für Kinder und Jugendliche Krisensituationen zum Dauerzustand geworden sind. Also Corona, Klimakatastrophe, politische Unsicherheiten. Was macht das, diese ständige Krisenerfahrung, was macht das mit dem Selbstbild, mit der psychischen Gesundheit und das Heranwachsen von dieser jungen Generation? Wir reden jetzt über die Krisen.

Vor den Krisen kann man sie nicht schützen. Die Krisen erleben wir alle. Es gibt noch was anderes, gesellschaftliche Veränderungen.

Also Krisen und Veränderungen. Über die Veränderungen können wir vielleicht gleich noch sprechen, aber die Krisen sind Krisen, wir nicht verhindern können. Also Klimawandel können wir jetzt nicht mal eben schnell verhindern.

Wir erleben den genauso wie die Kids. Und im Übrigen in dem Fall sind alte Menschen tatsächlich stärker betroffen im Augenblick von Hitze und so weiter und so fort. Das was wir nur nicht sehen ist, dass bei allen Krisen Kinder nicht nur länger davon betroffen sein werden, weil sie halt noch länger leben, sondern dass die Krisen stärker einschlagen.

Also wenn wir Flüchtlingskrise haben, erleben Kinder die Flüchtlingskrise, also jetzt in Anführungsstrichen das, was wir Flüchtlingskrise nennen, egal ob 2022 mit Ukrainern oder 2015 mit Syrern, erleben die Kinder das mehr als Erwachsene. Weil die Kinder sind, die geflüchteten Kinder, sind dann in der Schule, werden Mitschüler. Man erfährt viel mehr als jeder Erwachsene über die, auch über deren Traumata, was die erlebt haben, die Schicksale.

Man hat vielleicht sogar mitgekriegt, wie die Monate oder Jahre in irgendeiner Unterkunft oder in einem Container gelebt haben und so weiter und so fort. Und wir helfen mal ehrenamtlichen Familien zwei Stunden in der Woche und finden das total toll. Die Kinder sind mit Geflüchteten, das haben wir wirklich untersucht, die wissen alles darüber.

Die wissen mehr als die Erwachsenen über das, was die Geflüchteten erlebt haben, was die Kinder erlebt haben und so weiter und so fort. Auch was die im Krieg erlebt haben. Also das ist tatsächlich so.

Und ich rede jetzt von Kindern, nicht von älteren Jugendlichen. Die reden da vielleicht nicht so offen drüber, aber Kinder reden darüber. Und die reden untereinander darüber und so weiter.

Das heißt, die kriegen das viel stärker mit. Wenn es um Krieg geht oder was wir mit Energiekrise hatten. Wir können alle möglichen, die Corona-Krise, das haben Kinder intensiver erlebt als Erwachsene.

Also wenn Erwachsene es noch schlimmer erlebt haben, dann weil sie Kinder zu Hause hatten. Allein ist die Mutter mit drei Kindern, diese aber die Kinder insgesamt im Durchschnitt haben die Kinder diese Corona-Krise schlimmer, als intensiver und als schlimmer erlebt als Erwachsene. Vielleicht nur Hochaltrige sind vergleichbar von dem Drama, was sie erlebt haben mit Kindern und mit dem nachhaltigen Problem, gesundheitlich und so weiter, was das erzeugt hat.

Und Corona, das leuchtet jedem ein. Alle Krisen, also alle Krisen, die wir in den letzten 10, 15 Jahren hatten, wir sind alle durchgegangen, haben Kinder stärker erlebt als Erwachsene. Und jetzt kommt Minderheitenstatus dazu.

Wir haben es gar nicht mitgekriegt. Wir haben einfach nicht mitgekriegt, gesellschaftlich überhaupt nicht, dass die Kinder in einem ganz wilden, schrägen Krisendauerzustand waren, in dem sie die Krisen mehr erlebt haben, als die Erwachsenen. Nur, sie haben darüber nicht geredet und es wurde nicht problematisiert.

Sie haben es sozusagen reingefressen und die Erwachsenen haben sich angeschrien, hitzige, polarisierte Diskurse aufgrund jeder dieser gerade genannten Krise, also die Erwachsenen völlig selbstgerecht nur über sich gesprochen, über ihre Erwachsenenperspektive und die Kinder haben gar nicht stattgefunden. Nicht einmal in den Schulen und Kitas und so weiter hat man ernsthaft geschaut, wie ist das eigentlich für die Kinder. Und das ist ziemlich auffällig.

Also das ist wirklich Minderheit, ethnische Minderheit, wie eine religiöse Minderheit. Die muss man schützen, die muss man wirklich explizit schützen, weil in einem Minderheitenstatus in einer adultistischen Gesellschaft eine Minderheit zu sein, ist mindestens genauso, wie eine ethnische Minderheit, eine religiöse Minderheit und deswegen heißt das Buch Minderheit ohne Schutz. Wir müssen die Perspektive einnehmen, dass das eine Minderheit ist und das, was man jetzt schon sieht, was das Ergebnis ist von so vielen Krisen und einer Ignoranz gegenüber den vielen betroffenen jungen Menschen, ist die Gefahr der Entfremdung.

Also die Gefahr, dass wir nicht mitkriegen, dass sich so viel jetzt verändert hat in der Krise, dass die Kids gar nicht mehr das reproduzieren können und aufrechterhalten, was wir Erwachsenen als sinnvoll ansehen. Also als Beispiel, glaubt doch kein Kind mehr oder kein Jugendlicher oder wir haben uns 18-Jährige angeschaut, die lachen sich tot, wenn man irgendwie sagt, pünktlich sein ist eine deutsche Tugend. Wann haben die denn erlebt, dass Pünktlichkeit wirklich da war? Also Pünktlichkeit vor 20 Jahren, aber da haben die ja nicht gelebt.

Also in der letzten Zeit ist ja nichts mehr pünktlich und in der letzten Zeit funktionieren Dinge nicht. Andauernd funktioniert ja was nicht. Also für die ist es ein Märchen von Oma und Opa, dass Deutschland für Zuverlässigkeit steht.

Also solche Tugenden, die wir so als, das ist typisch deutsch und im Ausland sagen die das auch noch. Aber wir haben das Gefühl, funktioniert nicht mehr so richtig und die Kinder haben das Gefühl, es ist ein Märchen. Das erzählen alte Leute sich so.

Das ist ein Märchen. Und ich könnte jetzt ganz viele Sachen aufzählen. Von denen, die keine Ahnung haben, wie wir sie eigentlich meinen.

Also zum Beispiel nehmen die wahr, dass die AfD aus Sicht der Erwachsenen eine problematische Partei ist. Aber die können es ja gar nicht so wahrnehmen wie wir, weil die haben keine Erinnerung an die Zeit, wo es noch keine AfD gab. Für die ist sie also faktisch normal.

Alle hier im Raum, ne nicht alle, aber fast alle können sich richtig noch erinnern, es gab mal keine AfD, es gab mal eine Zeit, wo 100 Jahre Helmut Kohl und danach 100 Jahre Angela Merkel Kanzlerin war und so weiter und so fort. Das wäre jetzt unsere Generation. Hier haben sehr viele aufgezeigt unter 30.

Ja. Die können sich vielleicht nicht mehr so an Helmut Kohl erinnern. Schon ein bisschen her.

Angela Merkel. Aber die können sich daran erinnern, dass irgendwann mal so eine AfD gegründet wurde. Und das Ding ist, nehmen wir jetzt die Jüngeren, ich rede jetzt wirklich von Leuten unter 25.

Wir haben uns angeguckt, die Leute, die dieses Jahr 18 werden. Geburtsjahrgang 2007. Für die gibt es die AfD schon immer.

Und für die wächst die AfD. Seitdem sie sich erinnern können, wird sie immer größer. Und nur an der Art und Weise, wie die Erwachsenen reden und auch ein bisschen, wie die AfD selber redet, merken die, das ist schon eine spezielle Partei.

Aber so wie es halt auch, was weiß ich, spezielle Autos gibt. Aber das ist einfach ein Auto, wie jedes andere Auto auch, nur das ist halt ein spezielles Auto. Aber für die ist es überhaupt nicht mehr so, dass das etwas völlig seltsames ist oder so ein Störfaktor oder so.

Sondern es ist normalisiert. Und normalisiert heißt nicht, dass sie alle wählen. Also zumindest junge Frauen wählen die AfD ja kaum.

Aber für junge Männer ist es hochgradig normalisiert. Und es redet jetzt hierbei besonders über Jungs, weil ich glaube, in allen Krisensituationen sind Jungs immer anfälliger. Das hat verschiedene Gründe.

Ich weiß nicht, ob ihr darüber jetzt auch noch reden wollt. Das würde wahrscheinlich in den Rahmen springen. Aber an Jungs und jungen Männern kann man die Probleme und die Schwierigkeiten am ehesten erkennen.

Und auf jeden Fall, ich habe gesagt, Entfremdung ist das Problem. Und auch, dass wir übersehen darauf zu achten, was wollen wir der nächsten Generation eigentlich Positives mitgeben und was Negatives sollten sie vielleicht nicht reproduzieren und so weiter, weil wir einfach das insgesamt nicht richtig wahrnehmen. Und die jungen Leute sind auch überhaupt, also es gab nie eine Situation, in der junge Leute so anders gewählt haben, politisch, wie alte Leute.

Es gab nie eine Situation, wo junge Leute so gespalten waren. Unter sich, die jungen Leute sind total gespalten. Wir können gar nicht mehr sagen, die sind so oder so.

Sondern bei Frauen würden Linke und Grüne alleine regieren können, wenn junge Frauen nur wahlberechtigt wären. Und bei jungen Männern könnte man ohne AfD gar nicht mehr regieren. Also so krass gespalten.

Der Unterschied bei jungen Leuten zwischen männlich und weiblich ist riesig. Woran liegt das? Das liegt daran, dass sie nur Krisen erlebt haben, keine Orientierung erlebt haben. Aber die haben ja beide Krisen erlebt, die jungen Frauen und die jungen Männern.

Genau, deswegen sage ich, es gibt bei jungen Frauen, sollen wir also doch drüber reden? Ja, doch. Moment, wollt ihr Eis für euer Aporölchen? Ja, ja. Eis ist auch gut.

Aber dann sag mal, warum das so? Also, was man sieht, ist, dass junge Frauen sich sehr, sehr selbstbewusst entwickeln. Und das hat verschiedene Gründe. Ich erzähle gleich mal einen Grund, den man sonst selten hört.

Also junge Frauen entwickeln sich, wenn man selbstbewusst sein, emanzipiert sein usw. als Maßstab nimmt. Sehr gut.

Die kamen auch durch alle Krisen etwas besser durch als Jungs. Und Jungs haben das Problem, dass Männlichkeit ein krisenhaftes Phänomen ist. Eine Krise an sich ist.

Nein, wirklich. Ich mache es mal daran deutlich. Vorhin hast du ja sogar indirekt gefragt, ob ich irgendwas adultistisches auch selber mal gesagt habe.

Ich glaube nicht, also ich glaube nicht, dass ich etwas adultistisches mehrmals gesagt habe. Vielleicht mal aus Versehen oder so, aber ich wirklich gar nicht. Warum? Ich habe keinen Sohn.

Es ist nämlich so, dass Väter im Augenblick total gute Erziehungsberechtigte sind für Töchter. Weil es im Augenblick prämiert wird, sowohl innerlich als auch nach außen, wenn man eine Tochter fast so erzieht, wie man früher einen Sohn erzogen hat. Sei wild, sei selbstbewusst, sei ruhig auch körperlich, mach Action.

Da würde jeder sagen, boah, cooler Vater. Wenn ich das gleiche mit einem Sohn mache, dass ich meinen Sohn erziehe, dass er dominant ruhig sein soll, selbstbewusst, vorlaut und so, würde jeder sagen, boah, was ist ein Assi-Vater. Warum? Da kann ja nur Macho draus werden.

Und ich habe keinen Sohn. Mit allen Nichten und meiner Tochter und so weiter, das war super cool. Das war super easy.

Einfach nur zu sagen, alles, was ich gerne mache, auch ins Stadion gehen, auf die Südtribüne und so, alles soll sie mitmachen. Alle haben gesagt, boah, bist du toll. Und wie gesagt, bei Söhnen sind im Augenblick Väter verunsicherter als Mütter.

Weil ja viele Alltagstheorie sagen, ein Vater ist gut für einen Sohn. Im Augenblick machen die Väter ganz schön viel nicht gut. Weil wenn Väter verunsichert sind, weil sie eben ihre Söhne nicht zu selbstbewusst, nicht zu offensiv, nicht zu dominant erziehen wollen.

Wenn also das Vorbild unsicher ist, wie er sein Vorbild bringt, ist es eher kontraproduktiv. Also überhaupt haben Jungs es ist komplexer, sagen wir es mal so. Das sieht man sehr krass.

Also die Einbrüche, was die Kompetenzen angeht, sind bei Jungs stärker als bei Mädchen, sind aber bei Mädchen auch da. Also alle jungen Leute verschlechtern sich in den Kompetenzen, verschlechtern sich im Wohlbefinden, die Gesundheitsdaten sind problematisch und so weiter. Aber bei Jungs ist es praktisch in jeder Hinsicht, fast in jeder Hinsicht schlimmer als bei Mädchen.

gleichzeitig, jetzt kommen wir zu den Einstellungen, die Reaktion auf so viel Unsicherheit bei jungen Männern scheint, das ist nicht nur in Deutschland so, sondern das ist in sehr vielen Ländern so, scheint zu sein, die Reaktion auf Unsicherheit scheint zu sein, konservativer werden. Wir haben einen Trend bei jungen Männern und männlichen Jugendlichen zum Konservatismus, also zu klassischeren Geschlechterrollen, zu mehr, doch wieder mehr Dominanz und so weiter und so fort und bei Mädchen zum genauen Gegenteil. Und das sehen wir tatsächlich in allen Ländern, in denen Männlichkeit ein Krisenphänomen sehen wird und jetzt kommt das entscheidende Kriterium, also überall da, wo sich Frauen emanzipiert haben, werden junge Männer konservativer.

Das scheint ein Zusammenhang zu sein, der ganz interessant ist, aber jetzt kommt der Punkt, wenn wir uns da nicht drum kümmern, wenn wir also die jungen Menschen insgesamt und die jungen Männer im Speziellen übersehen und nicht sehen, dass die auch wirklich es schwerer haben als frühere Generationen, dann ist es wirklich riskant, also ich meine, das ist wirklich ein Risiko, nicht nur für, dass das keine Kirchenmitglieder werden oder so, es gibt noch Schlimmeres, als dass die Kirche schrumpft. Kaum vorstellbar. Ja, doch, glaub schon.

Weltweit schrumpft es ja nicht. Ihr dürft ruhig existieren, aber es gibt schlimmere Probleme als jetzt nur die Zahl der Kirchenmitglieder, weil... Darüber sprechen wir ja auch hier in diesem Podcast öfter, dass es auch andere Probleme gibt. Und das ist alle Probleme, die es auf der Welt gibt, auch in der Kirche gibt.

Teil der Gesellschaft. Aber alle, die sich jetzt fragen, was machen wir jetzt mit unseren Söhnen, ich habe gerade ein wunderbares Buch gelesen, ich weiß nicht, ob du es kennst, von Anne Dittmann, Jungs von heute, Männer von morgen, es geht darum, wie man Söhne erzieht, auch feministisch und auch eben, es geht um toxische Männlichkeit, es geht darum, wie gehe ich mit Söhnen um und ich habe nun mal auch eine Tochter und einen Sohn, der ist kleiner Bruder, ich glaube übrigens, das ist ein großer Vorteil für ihn, dass er kleiner Bruder ist und sich an seiner Schwester auch orientiert, aber es gibt eben auch Herausforderungen und genau diese Verunsicherung, es ist ja nicht damit getan, irgendwie protect your daughter, educate your son, was machst du mit deinen Söhnen und wie auch als Feministin, wie erziehe ich einen Sohn und so und ein sehr, sehr spannendes Buch, habe ich gerade erst letzte Woche gelesen, kann ich sehr empfehlen. So, Buchwerbung vorbei.

Sie hörten, diese Folge wird gesponsert vom Kösel Verlag, nein. Ja, Aladin, du hast viel erzählt. Ich bin fast fertig.

Vielleicht noch das, du hast gerade davon geredet, dass Kinder, und das finde ich einen sehr spannenden Punkt, dass Kinder so viel mehr mitgekriegt haben dann auch von den Lebensrealitäten, von Kindern, die aus Syrien kamen, von Kindern, die aus der Ukraine kamen und so. Bei der Ukraine kann ich das tatsächlich auch bestätigen, also was ich manchmal von meiner Tochter höre, ist mehr als das, was ich weiß. Oder eine andere Perspektive auch nochmal.

Aber das heißt ja eigentlich, du schreibst auch viel über Superdiversität, das heißt ja eigentlich, dass Kinder unglaublich viele Kompetenzen haben, die Erwachsenen häufig fehlen, gerade auch in einer Kirche, die ja sehr homogen auch ist von ihrer Mitgliedschaft. Ich sage mal so, es gibt in unserer Kirche viele Menschen, die helfen, das sind die Menschen, die zwei Stunden in der Woche malen. Das ist auch gut so.

Ich möchte es gar nicht jetzt auch schlecht reden, weil es gibt ganz, ganz viel auch tolles Engagement in der Kirche, das muss man schon auch sagen. Aber trotzdem ist es, sehe ich da auch häufig so ein Gefälle von helfen. Man hilft halt, man geht auch mit zur Ausländerbehörde, Kirchenasyl, da hilft man auch mehr als zwei Stunden die Woche und so, aber dennoch ist es ja eine große Kompetenz, wenn ich im Kindesalter Freundschaften habe zu Kindern, die im Container leben und wirklich weiß, wie sieht deren Alltag aus, wie sieht deren Kinderzimmer aus, wie feiern die Kindergeburtstag, was essen die, wie leben die, woran glauben die, wie spielen die und so weiter und so fort, was für Trauma bringen die mit und das auch ja nicht jetzt irgendwie auch als Bildungseinheit sehen, sondern ein normaler Teil des freundschaftlichen Verhältnisses und so.

Wenn man das alles so betrachtet, dann könnte man ja eigentlich auch denken, wow, das sind Menschen, die müssen in unseren Gremien aktiv werden, die müssen Kirche mitgestalten, weil ohne die schaffen wir es eigentlich nicht, diese super Diversität, die es im Kindesalter gibt, überhaupt noch zu erreichen. Würde ich sofort unterstützen, also ich plädiere für wirklich radikale Mitbestimmungsrechte für Kinder und Jugendliche und sogar überproportional für junge Erwachsene und so weiter, können wir gleich drüber reden, aber warum das so sinnvoll ist, ist nicht nur, damit Kinder als Subjekte sich selbst wahrnehmen und so, das ist ein richtig guter Begleiteffekt, sondern weil Kinder und Jugendliche gerade so stark von den Krisen betroffen sind, aber auch von den gesellschaftlichen Veränderungen, nicht nur von Flüchtlingssituationen, die so akut sind, sondern Migration, also der höchste Anteil mit Migrationshintergrund haben Kinder vor der Schule. Den zweithöchsten Kinder in der Grundschule, den drithöchsten Kinder in der weiterführenden Schule und den vierthöchsten Studenten im Bachelorstudium hier zum Beispiel, das heißt, je jünger wir runtergehen, desto höher der Anteil mit Migrationshintergrund.

Deswegen so witzig, wenn man sagt, eine Quote von 40 Prozent an der Grundschule, das klappt nicht. Es sind schon weit über 40 Prozent bundesweit, also inklusive Ostdeutschland und so weiter, in Dortmund ist schon seit 15 Jahren, glaube ich, über die Hälfte mit Migrationshintergrund der Schülerinnen und Schüler in der gesamten Stadt. Und dann gibt es auch noch Konzentration und so.

Die Diskussion ist immer so 20 Jahre zurück. Das ist längst nicht mehr möglich, eine Quote einzuführen. Und Dänemark als Beispiel ist ganz witzig.

Dänemark wäre in Deutschland ein ostdeutsches Bundesland von dem Migrantenanteil. Also sich an Dänemark zu... Seit wann vergleichen wir uns überhaupt mit Dänemark? Das ist schon ein schräger Move, dass wir uns mit einem Land vergleichen, das Ruhrgebiet hat, glaube ich, mehr Einwohner oder genauso viele Einwohner wie Dänemark. Also schon schräg.

Aber in jedem Fall bezogen auf Migration bei Kindern, total hohe Anteile. Kinder haben das höchste Armutsrisiko von allen Altersgruppen, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, das höchste. Wir reden über Altersarmut, auch übrigens zu Recht, ich spiele gar nichts aus, aber es ist auffällig, eine alternde Gesellschaft redet die ganze Zeit über Altersarmut.

Dabei hat das größte Risiko, haben die Jungen. Dass das nur nochmal deutlich wird, dass in der Intuition einer alten Bevölkerung denkt man an alt und eben nicht an die Jungen. Das ist so, dass das ganz typisch ist, auch kein Vorwurf, das ist normal.

So verhalten sich Menschen. Aber das muss man sich klar machen. Und da muss man halt Schutzmechanismen einbauen.

Der Schutzmechanismus, dass Eltern in einer demokratischen Wahl eine Mehrheit bilden, der funktioniert nicht mehr, da haben wir schon drüber gesprochen. Anderes Beispiel, Digitalisierung. Kinder leben viel mehr in der digitalen Welt als Erwachsene.

Und im Übrigen ist das jetzt... Guck nicht so viel aufs Handy. Guck nicht so viel aufs Handy ist auch so ein Punkt. Darf ich jetzt den dritten Funfact bringen? Ja, unbedingt.

Jetzt mittendrin. Ihr könnt ja... Guck mal, da blühen alle nochmal auf. Ihr könnt ja überlegen, ob ihr das nach vorne schneidet oder so.

Nee, nee, das ist schon gut. Wir sind sehr authentisch hier bei Start mit Herz. Ich erzähle immer total negativ von TikTok.

Bist du auf TikTok? Ja, pass auf, das ist aber ein Funfact jetzt. Oh, das ist jetzt Eigenwerbung und kein Funfact. Folgt Aladin auf TikTok.

Alles, was ihr auf TikTok sehen könnt, könnt ihr auch auf Instagram sehen. Facebook bist du da auch noch? Ich bin überall. Auch bei Twitter.

Be real? Nee, Snapchat nicht. Ja, aber nur Familie. Aber jetzt hör doch mal auf damit.

Das ist nicht spannend. Spannend ist, ich bin fasziniert von TikTok. Also wirklich.

Ich war letzte Woche mit einer 14-Jährigen unterwegs mit meinem Patenkind. Ich war so kurz davor, zu TikTok zu gehen. Ich hab's nicht gemacht.

Für mich wäre das echt gefährlich. TikTok ist einfach ein besserer Algorithmus. Der funktioniert stärker.

Ohne, dass ich jemals nach Schach gesucht habe, kam der Algorithmus selber darauf, dass ich mich für Schach interessiere. Ist das jetzt der Funfact, dass du dich für Schach interessierst? Ja, ich gucke, wenn ich Zeit habe, voll lang, und manchmal gucke ich dann so, seit einer Stunde gucke ich mir Schach-Profis auf TikTok an. Dann denke ich so, nee, du kannst jetzt nicht eine Stunde.

Und dann packe ich es weg, nur weil eine Stunde umgegangen ist. Aber wenn ich die Zeit verliere, ich glaube, nachts vorm Einschlafen habe ich das auch schon mal mehr als eine Stunde gemacht. Und so.

Deswegen will ich nicht so TikTok. Wegen der Schach-Videos. Wenn du dich für irgendwas interessierst, es gibt alles, und jeder Schach-Profi ist da drin, also erstens, der Algorithmus hat mich da hingelenkt, der hat das gecheckt, weiß nicht wie, aber der hat das sehr gut gecheckt, sehr schnell kam ich auf Schach.

Und dann ist es halt so genial, weil Schach ist halt schwer da so dran zu kommen, dann dauern die Spiele halt so ewig. Und diese Schach-Profis, weil die halt gemerkt haben, wie das über TikTok läuft, ich bin ja spät erst dazugekommen, in diese Community, die machen das schnell. Also die spielen Schach, das wird von oben aufgezeichnet, und jetzt pass auf, dann wird das schnell abgespielt.

Das heißt, du musst ein Spiel, was zwei Stunden dauert, nicht zwei Stunden verfolgen, sondern du brauchst nur fünf Minuten. Ich wollte gerade sagen, also, dass man da so einen Entertainment-Faktor reinbringen kann, dass zwei Leute da sitzen und... Jetzt pass auf, jetzt kommt noch was Besseres, der Schachspieler, der gewonnen hat, die zeigen ja fast nur Spiele, wo sie gewonnen haben, wenn sie verlieren, zeigen sie das dann nicht, aber der sagt dann, macht auf Stopp, und spricht dann rein, also, packt sich in das Video rein, das sind ja halt richtige, normale TikToker, wie alle anderen auch, die haben halt Skills, wie sie so ein Video aufbauen. Der wirft sich also nicht so aufs Schachbrett.

Dann sagt der, hier habe ich schon das und das erkannt. Also, der verrät dir, von wann an die Strategie begann, um am Ende zu gewinnen. Das kriegst du ja sonst nie mit.

Also, so gut bin ich nicht, dass ich checke, wann der Profi diese Strategie verfolgt hat, und das erzählen die dann in einer total schnellen Geschwindigkeit. Du musst es nicht mehr wie früher stundenlang dir angucken, und früher hätte man das aufnehmen müssen und dann wieder zurückspulen und so, und war TikTok einfach traumhaft, und es gibt so viel, dass du, wenn du wolltest, 24 Stunden dir das angucken kannst. Ich folge indischen und pakistanischen Schachspielern am liebsten, die machen die Videos richtig cool und so weiter, aber auch Amerikanern, auch Deutschen und so, total krass.

Also, das ist wirklich etwas, ich weiß noch nicht einmal, also außer meiner Frau weiß das glaube ich niemand. Jetzt wissen es alle. Das ist doch mal ein Funfact.

Das ist doch mal ein Funfact. Ich war übrigens, wo wir da gerade dabei sind, als Kind in der Grundschule, in der Schach-AG. Warum? Ich glaube, das war ein Lehrer, ich meine, der hat auch Mathe gemacht, und der hat gesagt, du wirst ein guter Schachspieler, komm mal in die Schach-AG.

Da bin ich in die Schach-AG gegangen und war total fasziniert von Schachspielen. Wo alle gesagt haben, komisch, der hibbelt nur rum, der schreit nur rum, der verhält sich so komisch und beim Schachspielen, mucksmäuschen still und so. Das ist so strange, bei meinem Sohn ist das genauso.

Bei meinem 10-jährigen Sohn ist auch voll der Hibbel super, aber beim Schach ist er wie sind wir da jetzt gelandet? Worüber haben wir eigentlich geredet gerade? Dritter Funfact. Ich weiß wieder, ich hab TikTok gesagt. Die Kids sind bei TikTok und TikTok hat halt viele Probleme und so, aber jetzt kommt es.

Wenn du jetzt Kinder befragst, anonym, sagen die dir alles. Zum Beispiel bei Snapchat passieren schlimme Sachen. Also alle, die Kinder zu Hause haben, die Studienlage zeigt, die Kinder erleben im digitalen Raum schlimme Sachen, von krasser Pornografie, über Gewaltdarstellung, auch über Kontakt zu Pädophilie, über Verschwörungstheorien und so.

Das erleben die allermeisten Kids durchschnittlich erstmals im Alter zwischen 10 und 12. Das ist so der Durchschnitt. Das heißt, es gibt auch Kinder, die das früher erleben.

Jetzt kommt der Punkt, die reden mit ihren Eltern nicht darüber und mit ihren Lehrkräften nicht darüber, weil die genau wissen, Adultismus, wenn ich das jetzt sage, ist das Handy weg, und zwar für immer. Und deswegen sagen sie nichts. Das ist Ergebnis von Adultismus.

Das ist Ergebnis von der Tatsache, dass die Kinder wissen, wenn ich ehrlich bin, haben alte Leute die Macht, für mich das ganz abzuschaffen. Das heißt, sie reden nicht darüber. Wann reden sie darüber? Und damit kann man in einer adultistischen Gesellschaft Dinge besser machen.

Anonymisierte Befragung. Dann verraten die alles. Und deswegen wissen wir, was für schlimme Sachen die digital erleben.

Und da reicht Snapchat schon. Da reicht sogar WhatsApp. WhatsApp reicht, dass man mit schlimmen Sachen in Kontakt kommt, besonders WhatsApp-Gruppen.

Je größer die Gruppe ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass mal jemand von seinem älteren Bruder irgendwas bekommt, was er dann reinteilt, und das ist dann fieses Zeug und so weiter. Die Kids befragen anonym. Die Kids wissen, was in der Schule mit den Geflüchteten zum Beispiel, was gerade nicht gut funktioniert.

Die gehen aber nicht zu der Klassenlehrerin oder dem Klassenlehrer und sagen, übrigens, das und das funktioniert nicht. Könnte man ganz leicht lösen, weil die sind es gewohnt, dass sie nicht klugscheißermäßig vor Lehrkräften auftreten dürfen und so weiter. Die haben das jetzt mit ganz vielen Schulen, auch in Dortmund, gemacht und festgestellt, die Kinder, wenn du die anonymisiert befragst, wenn sie also keine Angst haben müssen, Sanktionen zu bekommen, sagen dir Sachen, die die Lehrkräfte nicht wissen.

Und zwar auch nicht nach drei Jahren an der Schule. Die Kinder sind seit drei Jahren an der Schule. Wir sind in der vierten Klasse.

Drei Jahre sind schon um. Und die Kinder sagen bei solchen anonymisierten Befragungen Dinge, die die Lehrkräfte nach drei Jahren immer noch nicht wissen. Und das sind Sachen, von denen die Lehrkräfte sagen, geil, dass wir das jetzt wissen.

Wo ist Angst? Wo gibt es Mobbing? Wo ist es ekelhaft? Und so weiter und so fort. Bis hin zu, wie viel Prozent der Kinder, also eine Lehrkraft kann das gar nicht wissen, wie viel Prozent der Kinder in meiner Klasse oder wie viele Kinder in meiner Klasse sind von häuslicher Gewalt betroffen. Da kann man auch nicht hingehen und die Kinder fragen, wer von euch wird zu Hause geschlagen? Das sollte man so nicht machen.

Aber bei einer anonymisierten Befragung kriegt man alles raus. Dann kann man also besser pädagogisch arbeiten. Man weiß mehr.

Man weiß dann, was man lösen soll. Und Klaus-Peter Stromeyer, das Geile ist ja, mit so einem Typen ein Buch zu schreiben, weil ich werde 47 und er hat vor meiner Geburt, genau genommen vor 51 Jahren, das erste Mal ein Forschungsprojekt geleitet. Da war er schon Doktor in Soziologie.

Geleitet im Bereich Kindheits- und Familienforschung. Da waren die 10, die 61-Jährigen. So ist es.

Der hat über die Babyboomer geforscht, als die Kinder waren. Wie genial. Und mit dem zusammengearbeitet ist auch einer der, der ist so alt, und einer der Ersten, die angefangen haben, Kinder zu befragen.

Der fragt keine Lehrkräfte mehr und keine Eltern mehr, sondern der fragt die Kinder selbst, Grundschulkinder. Sehr kompliziert, das so zu fragen, wie man das dann statistisch analysieren kann. Aber der hat zum Beispiel festgestellt, dass die Qualität der Antworten, wenn du einfach alle Kinder in einer Grundschule befragst, dann ist die Qualität der Antworten besser, als die Qualität der Antworten, wenn du alle Lehrer befragst.

Wenn du alle Lehrer fragst, ist bei euch A oder B oder C ein Problem? Und die Lehrkräfte sollen das einschätzen. Und dann fragst du alle Kinder. Dann ist die Antwort der Kinder näher dran an dem, was die Wissenschaft analysieren würde, als das, was die Lehrkräfte sagen.

Das ist ein krasser Hinweis. Das heißt einfach nur Qualität. Und dann kommt noch der letzte Punkt dazu, wenn wir Kinder nicht befragen, aber die Kinder heute schon mehr Zeit in der Grundschule verbringen, als bei den Eltern.

Bisher habe ich nur funktionale Gründe gesagt. Jetzt kommt ein Grund, der wirklich was mit den Kindern zu tun hat. Nicht mit, dass man besser pädagogisch arbeiten kann.

Wenn die Kinder mehr Wachzeit in der Grundschule verbringen, als mit den Eltern, diese Verschiebung hat längst stattgefunden und das wird jetzt noch schlimmer, dann kann eine Grundschule nicht mehr so funktionieren, wie bisher. Die Distanz muss weg zwischen den Erwachsenen und den Kindern in so einer Grundschule. Die Herrschaft muss weg.

Die Kinder müssen alles mitbestimmen dürfen und damit wir da hinkommen, müssen sie erstmal alle befragt werden. Am Anfang anonymisiert, bis wir irgendwann den Adultismus langsam rausbekommen, weil in der adultistischen Welt kann man nicht hingehen und sagen, du, sag mal, was du möchtest. Weil in dem Zustand, wo du einem Kind sagst, sag mal, was du möchtest und er weiß, ich habe keine Macht und die erwachsene Person hat alle Macht, wäre es völlig irrational und so rational sind Kinder ja schon längst, die Wahrheit zu sagen.

Das wäre Quatsch. Es gibt ja Gründe, warum sie nicht die Wahrheit sagen, vor den Leuten, die sie lieben, aber in einer anonymisierten Befragung die Wahrheit sagen. Darüber muss man sich Gedanken machen und sie sagen es ja nicht, weil sie wissen, es ist was Schlimmes passiert.

Es muss uns klar sein, die sagen ihren Eltern und der Lehrkraft nicht, dass was Schlimmes passiert ist, während sie wissen, dass es was Schlimmes war. Und das heißt also, dass da Machtverhältnisse zwischen sind. Das ist das, was wir unter Adultismus gerade begriffen haben.

Also sie befragen, anonymisiert ist der erste Weg, diese Machtverhältnisse aufzubröseln und irgendwann haben wir vielleicht eine Situation, wo es so offen ist, dass man nicht mehr anonymisierte, komplizierte Befragung braucht, aber ich würde sagen, Beteiligungsrechte in allen Bereichen, die die Kinder betreffen, schon ab der Kita, also was gibt es zu essen, wann sind Pausen, was mache ich in der Pause, was darf ich machen in der Pause usw. Und die einzigen zwei Punkte, wo die Kinder nicht volle Rechte haben, sind alles, was mit Gesundheit zu tun hat, also sie dürfen nicht volle Rechte haben, gesundheitsschädigendes Verhalten, also wenn die zum Beispiel wie an einer Schule mit großer Mehrheit sagen, sie wollen zum Mittagessen Döner, dann würde ich sagen, anders als die Lehrkraft guckt mich so an, also die Schulleitung guckt mich so an und sagt, Herr Mafalani, toll, toll, weil sie dachte, jetzt muss es jeden Tag Döner geben, nein, also ich sage ja mitbestimmen und nicht alleine bestimmen, das heißt, alle zwei Wochen gibt es jetzt Döner, die andere Woche gibt es Pizza, das war auch Platz eins und Platz zwei, aber dafür muss man das ausgleichen und die anderen acht Tage in einem 14-Tage- Rhythmus sind jetzt noch gesünder als vorher, weil es muss gesund sein, also wir wollen ja alle, dass die Kinder gesund sind und nicht einfach nur das tun, was nicht gesund ist. Döner ist ja im Dönersalat.

Ja, Döner ist jetzt nicht so eine Katastrophe, aber es ist halt auch nicht ganz optimal. alles, was gesundheitsschädigend ist, davor müssen sie natürlich geschützt werden und alles, was das Lernen und die Weiterentwicklung beeinträchtigt. Das sind die einzigen beiden Sachen, also wenn man hoch plausibel begründen kann, dass ein bestimmtes Bedürfnis oder etwas, was Kinder wollen, die Weiterentwicklung in kognitiver, emotionaler oder körperlicher Weise einschränkt und die Gesundheit einschränkt, dann würde ich sagen, keine Mitbestimmung.

Erst mal versuchen, aber wenn die etwas wollen, was ganz eindeutig da problematisch ist, dann ist die Grenze, aber alles andere komplett dürfen sie mitbestimmen und keiner kann mir erklären, warum man ihnen vorschreiben muss, wenn sie den ganzen Tag in der Schule verbringen, in diesem Gelände, in diesen Gebäuden, die alle nicht sehr sexy sind, warum sie bestimmte Gänge nicht in der Pause sein dürfen, warum sie das nicht dürfen, warum sie jenes nicht dürfen und so weiter und so fort, das geht alles nicht. Wann gibt es was zu essen und so weiter, wann darf ich auf Toilette, das muss alles viel familiärer sein und dann wird das auch alles besser funktionieren, glaube ich ja sogar auch, aber man muss da ganz doll, das wäre immer schon schlau gewesen, aber das ist jetzt notwendig, die Kinder als Subjekte ernst nehmen, weil kein anderer Ort mehr dafür da ist und das ist eben das blöde Fazit aus dem Buch, ich glaube auch nicht oder wir glauben auch nicht, dass die Gesellschaft sich dahin noch ändern kann. Wir altern ja jetzt noch mehr, immer weiter und wir müssen uns tatsächlich aufs Altern auch einstellen, wir werden bald so viele Hochaltrige haben, wie nie zuvor und zwar um ein Vielfaches, das ist also wirklich eine Herausforderung und deshalb glaube ich nicht, dass wir unsere öffentlichen Räume wieder kindergerecht hinbekommen.

Das wird nicht klappen, das heißt also, wir müssen die Institutionen, wo sie die meiste Zeit verbringen und sie verbringen jetzt schon mehr Zeit in der Grundschule als in der Familie, die müssen maximal kindergerecht sein und da müssen sie als Subjekte angenommen werden und so weiter und so fort und um direkt was zur Kirche zu sagen, es ist echt schade, dass die Kirche das nicht stärker vorantreibt. Es ist ja auch irgendwie traurig, weil wenn du sagst, welcher Elternteil möchte denn, dass die Kinder ehrlicher sind in einer anonymisierten Umfrage als irgendwie abends beim Bett gehen bei der Frage und wie war dein Tag und erzähl doch mal und so weiter. Das will doch kein Erwachsener und es ist irgendwie so, wenn ich dir so zuhöre und du erzählst es so, dann denke ich so, wenn Erwachsene oft das Lehrkräfte sind, die wollen das auch nicht, die haben jetzt vielleicht eine weniger emotionale Beziehung zu den Kindern als die Eltern oder Verwandtschaft oder Leute, die denen im privaten Umfeld nahestehen, aber das will doch niemand.

Niemand möchte eine Beziehung zu einem Kind haben, das Angst hat, dir die Wahrheit zu sagen. Ja, dann nix denn, oder? Da ist jetzt auch nichts mehr zu sagen. Aber das ist ja auch, das ist ja nicht nur in der Institutionsschule so, das ist ja in allen Institutionen gerade, wo du vorhin auch über Herrschaft gesprochen hast, in Institutionen, wo eine starke hierarchische Struktur ist, wie in der Kirche zum Beispiel, da ist es ja auch so, dass dann ein Umdenken stattfinden muss.

Wenn wir zum Beispiel an die evangelische Kirche denken, da gab es Anfang letzten Jahres die Veröffentlichung der Forum-Studie zu Missbrauch in der evangelischen Kirche und in der Diakonie, wo einfach auch nochmal gezeigt wurde, dass diese starr hierarchischen Strukturen Missbrauch auch begünstigen und da muss es ja auch ein Umdenken geben, in allen möglichen Institutionen, auch in der Kirche. Und einen Weg dorthin, das kann man überall machen, ich habe es immer bezogen auf öffentlich-rechtlicher Rundfunk, dass man bei jeder Umfrage, die gemacht wird, egal ob Sonntagsfrage oder sind sie für oder gegen Waffenlieferungen oder was auch immer, bei jeder Befragung, dass man da die erstens nicht mehr nur ab 18-Jährige befragt, sondern ab 10-Jährige, auch repräsentativ, die 10- bis 18-Jährigen repräsentativ befragt und dass man die unter 30-Jährigen immer gesondert ausweisen muss. Das heißt, man sieht, wie würde Deutschland wählen und direkt darunter muss gleichzeitig erscheinen, die unter 30-Jährigen wählen so.

Oder Deutschland ist für Waffenlieferungen, die unter 30-Jährigen sind gegen Waffenlieferungen. Das ist zum Beispiel so. Das ist immer so, dass Deutschland ist insgesamt für Waffenlieferungen, weil wenn die Babyboomer dafür sind, ist Deutschland dafür, sie sind zu viele und die unter 30-Jährigen waren in die längste Zeit mit einer großen Mehrheit dagegen.

Oder, jetzt im Augenblick, Deutschland ist für Wehrpflicht, die unter 30-Jährigen sind gegen Wehrpflicht. Und dass man das immer sieht, alleine das Sehen führt dazu, dass man darüber reden muss. Und wenn man das in der Kirche machen würde, also eine Verpflichtung immer die Jüngeren zu befragen, was sie von einer geplanten Änderung halten.

Wie Sie sich den Schuljahresabschluss Gottesdienst vorstellen. Genau. Ja, zum Beispiel.

Auch, ob der überhaupt stattfinden soll. Oder wo der stattfindet oder sonst was, dass man es nur sieht. Man muss es erstmal nicht machen, weil wir sind gerade in einer Stufe, dass wir nicht einmal wissen, was die jungen Leute gerne machen würden und wir wissen gar nicht, was sie beschäftigt.

Und ich meine das wirklich ernst, das wissen auch die allermeisten Verwandten dieser jungen Leute nicht. Nicht so richtig. Und erstmal nur, damit wir der Lösung näher kommen, also ich rede nicht über eine Lösung, sondern den Weg zur Lösung, dass wir einmal gesamtgesellschaftlich, aber auch in den Familien und so, komplett mal auf den Tisch haben, was ist eigentlich bei jungen Leuten anders als bei Älteren.

Dass wir das einmal so sehen. Weil die sind so wenige. Also wenn bei den 68ern nur 10% auf die Straße gegangen sind, waren das ja ziemlich viele.

Selbst wenn heute 50% auf die Straße gehen oder 30, Fridays for Future, ist prozentual an der Gesamt Kohorte viel mehr als die 68er. Viel mehr. Aber wenn natürlich die Gesamtgeneration so klein ist, dann sind 30% weniger als bei einer großen Generation 10%.

Und das heißt selbst, sie könnten nicht. So wie Eltern sich nicht öffentlich machen können, können Kinder und Jugendliche es auch nicht öffentlich machen. Deswegen muss man es dann erheben, darstellen.

Und wenn es dann einfach da steht, kann zum Beispiel, also alleine nur, dass wir nie darüber gesprochen haben, dass die jungen Leute gegen Waffenlieferungen waren. Also ich selber war bei der Bundeswehr. Ich bin null jetzt so hardcore Pazifist und es dürfen eh keine Waffen geliefert werden oder sonst was.

Ich hab auch nichts dagegen, der Ukraine Waffen zu liefern. Mir geht's nicht um das Thema. Mir geht's nur darum, dass man einmal kurz dokumentiert, zwar ist die Mehrheit der alten Leute dafür, aber die Mehrheit, und zwar eine deutliche Mehrheit, war dagegen.

Und die sind jung. Jetzt würde ich ja selber sagen, aha, das heißt, entweder wir denken nochmal nach oder wir sind uns sicher, dass das richtig ist, aber dann müssen wir denen das erklären und mit denen darüber reden, warum wir das so sehen. Aber alles davon ist nicht passiert.

Jeder, der dagegen war, war ein Idiot und dann sind die auf TikTok gegangen und da haben dann andere Idioten erklärt, warum sie doch richtig liegen, mit keine Waffen liefern und so. Das funktioniert so nicht. Anderes Beispiel, ein Drittel nur noch, der unter 25-Jährigen bei den Befragungen sieht eine besondere Verantwortung gegenüber Israel und das war vor dem 7. Oktober.

Vorher. Jetzt ist es natürlich, nehme ich an, dramatisch noch weniger. Nur ein Drittel, also ein Drittel sagt, so ein nächster Staat wie jeder andere und ein Drittel sagt sogar auf keinen Fall besonders solidarisch.

Und das kriegen wir nicht mit. Das heißt, einfach nur das mal mitbekommen, erstaunlicherweise wollte auch, als die Studie erschien, auch die Shell-Studie hat sowas gezeigt und so, hat man über alles mögliche gesprochen, aber nicht festgestellt, oh je, da gibt es echt eine Änderung. Und übrigens ist das ein Generationenphänomen, weil die mit und ohne Migrationshintergrund genau gleich, also ohne Migrationshintergrund genau das gleiche Ergebnis.

Und wir kriegen das einfach gar nicht mit. Und wenn wir sagen, Solidarität zu Israel ist wichtig oder Ukraine, denen zu helfen ist wichtig oder wir können das jetzt komplett durchgehen, wenn das wichtig ist, dann wäre es schon nicht schlecht, das der nächsten Generation mitzugeben, warum eigentlich und so. Und das funktioniert gerade gar nicht.

Überhaupt gar nicht. Und der erste Weg, das ist echt nur der erste Schritt von zehn, wäre das immer auszuweisen, dass wir mal mitbekommen, dass die Großeltern und die Enkelkinder, das ist nämlich jetzt auch ein spannender Befund, die sich persönlich so gut verstehen, wie in der Menschheitsgeschichte noch nie. Das fand ich auch schön zu lesen.

Immer was Positives. Die wählen zwar nicht für ihre Enkel, aber die verstehen sich gut. Aber das Positive ist auch negativ.

Also persönlich verstehen die sich so gut wie noch nie, seitdem wir messen zumindest noch nie und politisch sind sie so weit auseinander wie noch nie. Aber das ist ja eigentlich ganz schön, dass sie sich trotzdem so gut verstehen. Genau, aber das liegt an vielen Dingen.

Kognitive Dissonanz. Gar nicht so sehr, sondern dass es wirklich darum geht, man muss sich jetzt auch nicht nur mit Leuten gut verstehen, die politisch genauso denken, wie man selbst. Also es wäre schon ganz gut, wenn wir das nicht so handhaben.

Das, was wir heute sehen, was früher nie denkbar gewesen wäre, ist, dass Großeltern sich ihren Enkelkindern anpassen. Das passiert gerade in verschärfter Weise. Also zum Beispiel, ihr habt gerade von sachschnell BeReal gesprochen oder WhatsApp und so weiter.

Und total viele heutige Hochaltrige benutzen das. BeReal ist zum Beispiel wirklich stark genutzt von sehr, sehr alten Leuten, weil das eine Top-Möglichkeit ist, mit ihren Enkelkindern in Kontakt zu bleiben, jeden Tag zu sehen, was die gerade machen und mit denen schreiben und so weiter. Und wenn man das checkt, merkt man, die benutzen das gar nicht, um mit Freunden zu kommunizieren, sondern nur mit den Enkelkindern.

Das Ding wird gar nicht anders benutzt, als für die Enkelkinder zum Beispiel. Und das ist spektakulär. Nie gab es in der Geschichte Großeltern, also ich rede jetzt gerade von 70-jährigen Menschen oder 80-jährigen Menschen, die etwas lernen und sich umstellen für so kleine junge Menschen.

Also das funktioniert total gut. Aber das erlebe ich auch bei Eltern. In unsere Antirassismus-Workshops kommen ganz oft Boomer-Eltern, die kommen und sagen, unsere Kinder sind studieren gegangen, jetzt kommen die nach Hause und sagen, wir sind rassistisch, dabei machen wir doch seit 30 Jahren Kongo-Partnerschaft.

Und jetzt wollen wir das mal lernen und wir wollen das mal verstehen, weil bei unseren Kindern zu Hause clasht es jetzt nur. Und ihr müsst uns das jetzt mal erklären. Und das finde ich eigentlich was total Tolles.

Also es funktioniert über BeReal, okay, aber es funktioniert auch bei diesen Themen. Jetzt nicht bei allen, aber es passiert auch was. Auch, dass Eltern dann auch umdenken und da echtes Interesse haben, weil sie auch merken, die Beziehung ist vielleicht auch gestört dadurch.

Manchmal funktioniert das politisch, das kann sein. Ich weiß nicht, ob das ein Massenphänomen ist, dass das politisch passiert, aber das kann sein. Vermutlich nicht.

Ich wollte auch was Gutes über Kirche sagen noch. Willst du gleich noch? Nee, das war's. Ach so, das war's schon.

Okay, gut. Hab ich irgendwie verpasst, aber gut. Aber jetzt pass auf.

Was ich viel wichtiger finde, ist, es wird schon lange Zeit auch vom Deutschen Jugendinstitut und von anderen gefragt, würde es, also junge Leute werden gefragt, würdest du, wenn du mal selber Kinder hast, deine Kinder so erziehen, wie du erzogen wurdest? Ich glaube der Satz heißt genau, im Großen und Ganzen, so erziehen, wie du erzogen wurdest. Und der Anteil derjenigen, die sagt, ja, wächst immer mehr. Das heißt, die Zufriedenheit in der Hinsicht, nicht politisch, aber in der Hinsicht, wie verhalten sich meine Eltern mir gegenüber und so weiter, ist richtig gut.

Wenn du aber die gleichen jungen Leute fragst, wie ist das Generationenverhältnis gesellschaftlich, nicht zwischen dir und deinen Verwandten, sondern gesellschaftlich, ist es so schlecht wie noch nie. Ich weiß nicht, ob Sie das alle mitbekommen haben, hier im Raum und beim Zuhören im Podcast, dass wir jetzt kürzlich eine Jugendstudie hatten, wo man gesehen hat, dass sogar die junge Generation in ganz Europa, das sind alles alternde Gesellschaften im Übrigen auch, zunehmend nicht mehr an den Rechtsstaat und an die Demokratie glauben. Die Mehrheit noch, aber der Anteil, die das nicht mehr glauben, dass das so sinnvoll ist, dass der Rechtsstaat und die Demokratie sinnvoll sind, der Teil wächst in nahezu allen Ländern und zwar bei den jüngsten Leuten und das hat viel damit zu tun, das ist ein paradoxer Effekt, die älteren Generationen, die mit mir verwandt sind, mit denen ich direkt Kontakt habe, da merke ich, das sind nette Menschen, die wollen mich ernst nehmen und so weiter, klappt nicht immer alles, aber ich sehe auch, die können nicht alles, die haben selber Stress und so weiter und so fort, das kann man gut beurteilen.

Auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene sehen die, dass sie in meinen Worten, das sagen die nicht so, eine Minderheit sind, übersehen werden, auch noch denen gesagt wird, ihr seid so empfindlich und Gen Z, ihr macht hier nur auf Work-Life-Balance und ihr sollt mal dies und ihr sollt mal das und so weiter und so fort und eigentlich nur Forderungen kommen. Ich habe gerade doch über Jungs was erzählt. Ich sage mal ganz ehrlich, es ist kein Fun-Fact, sondern nur was Ehrliches.

Alles, was man jetzt heute problematisieren würde bei 16-Jährigen oder 15-Jährigen Jungs, jungen Männern, habe ich erfüllt. Nur es hat mich keiner beobachtet. Es war niemand, der gesagt hat, mit 15 ist er so ein Arschloch, der wird ein Arschloch bleiben.

Da hattest du noch nicht deinen TikTok-Kanal. Deswegen. Ich bin auch manchmal froh, dass es in meiner Jugend noch kein Social Media gab.

Keine Lehrkraft hat damals, ich rede ja jetzt, wann war ich? 15 in den 90er Jahren, hat ja keine Lehrkraft gesagt, der verhält sich zu dominant oder der ist zu körperlich oder sonst was. Da war ein bisschen mehr, vielleicht war das gar nicht gut, aber in jedem Fall wurde ich nicht beobachtet und schon beurteilt in meinem Verhalten. Das heißt, man konnte sozusagen anonym ohne weite Folgen so sein, wie man ist und hatte Zeit zu lernen.

Im Augenblick verurteilen wir zum Beispiel junge Männer, die in ihre Rolle nicht reinfinden mit 15 und tun so, als wäre das Kind schon im Brunnen gefallen und als wäre das schon ein riesen Drama. Und wenn wir immer ehrlich sind, das einzige Drama ist, dass sich im Zeitverlauf zwischen als ich 15 war und das ist nun mal wirklich eine ganze Weile her und wenn heute 15-Jährige sind, dass sich kaum was verändert hat für das Peer-Group-Verhalten von ganz jungen Männern. Und dieses Beurteilen, das verfestigt das ja dann noch.

Das führt nur zu Gegenreaktionen. Und das führt auch dazu, wenn wir gerade gesagt haben, Männlichkeit ist ein Krisenphänomen, dann hat es wirklich damit zu tun, dass es so widersprüchlich ist. Und ich mache mir auch echt Sorgen, wie gesagt nicht, weil ich gegen die Bundeswehr bin, aber wenn wir jetzt sagen, wir müssen als Gesellschaft wehrhaft sein und junge Männer kriegen mit oder das, was wir eigentlich immer schlimm fanden, war, dass junge Männer beschützen wollen, stark sein wollen und eigentlich nur gewartet haben, bis sie einen Einsatz haben.

Und das haben wir immer versucht klein zu halten. Und jetzt sagen wir, wir müssen als ganze Gesellschaft wehrhaft werden, dann muss man damit besonders behutsam umgehen, weil irgendwie hört sich das ja so an, als wäre aggressive Männlichkeit doch wieder im Trend und zwar auch von der hohen Politik aus gesehen usw. Deswegen fände ich es auch gar nicht so schlecht, wenn die Bundeswehr von Anfang an weiblicher wird, also wenn man eine Wehrpflicht einführt, wogegen ich wäre, ich wäre da nicht für, aber wenn man es macht, dass man dann das auch für Frauen irgendwie versucht zu machen, weil wir eben mehrere Probleme gerade gleichzeitig haben, die man nicht aus dem Blick verlieren darf, aber die Situation, dass man sich halt darum kümmern muss, in einer ganz schwierigen Lage, ihr könnt ja mal selber überlegen, wie kriegt man das hin, dass wenn man jetzt einen 15-Jährigen fragt, dann sagt er einem, naja, die Anforderung ist, dass ich gut zuhöre, wenn es um Mädchen geht, dass ich auch mal sanft bin, auch mal Emotionen zeige, auch mal Schwäche zeige usw.

Und wenn ich mit meinen Jungs bin, muss ich stark sein, dominant sein, auch kognitiv gewitzt sein, schnell antworten und den anderen nicht reden lassen. Es geht nicht nur um körperlich, sondern auch ja geringens, das ist komplett das Gegenteil. Und in einer Situation, wo man das jetzt nicht zusammenkriegt, also wo man das schwer zusammenkriegt, haben wir das, was wir gerade erleben, nämlich komplizierte, wenn nicht schwierige Entwicklung.

Das heißt also, man muss sich da wirklich drum kümmern und das ist überhaupt nicht einfach. Also ich würde auch nicht wissen, was man jetzt pädagogisch, also sowohl als Mutter und Vater, als auch als Person in der Schule oder so, was man da jetzt macht, weil die Kunst ist es, Stärke und Souveränität zu verbinden mit Sanftheit und Zuhören zum Beispiel. Um jetzt mal nur vier der vielen, zwei Gegensatzpärchen so zusammen zu bringen, weil Jungs Stärke abzugewöhnen, ist das Schlimmste, was passieren kann.

Deswegen sage ich ja, Väter, die versuchen, nicht Stärke und nicht Selbstbewusstsein, nicht zu viel davon. Das ist ja genau die falsche Reaktion. Also eigentlich muss man überlegen, wie kann man Stärke und Selbstbewusstsein kombinieren mit Dingen, die voll vernünftig sind und nicht etwas abzugewöhnen, was in dem Peergroup-Verhalten von jungen Männern, meines Wissens kulturübergreifend immer überall schon eine Rolle spielt.

Das ist so, ja, tut es ja auch im Spielen. Also beim Fußballspielen willst du der Bessere sein und so weiter. Es ist einfach alles kompetitiv und so und eigentlich wäre es ganz cool, wenn man es hinbekäme, stark, dominant, aber nicht in negativer Weise, sondern das ist echt nicht leicht.

Ich rede ja gerade so abstrakt. Es ist überhaupt nicht, mal eben so gesagt, Vorbilder gibt es auch nicht, die wirklich für junge Leute anschlussfähig sind. Das hast du erst bei 40-Jährigen, sehe ich viele Vorbilder, aber was interessiert ein 15-Jähriger Robert Habeck oder so? Das interessiert gar nicht.

Das ist überhaupt nicht eine Orientierung oder so und es ist auch schwer kommunizierbar. Also über TikTok jetzt zu erklären, wie man gleichzeitig selbstbewusst, stark und sanft und zuhörend sein kann, ist viel komplizierter als das, was die Leute relativ schnell darüber bringen. Jetzt habe ich aber echt alles erzählt.

Ein spannendes Thema. Du hast wirklich alles erzählt und trotzdem haben wir noch jede Menge Fragen, die wir nicht mehr stellen können. Ich frage mich auch, in welchem Podcast oder zu welchem Interview oder Gespräch warst du jemals zu Gast, wo die Menschen, die dich interviewt haben, all ihre Fragen loswerden konnten? Wahrscheinlich noch nicht, oder? Ich war auch noch nie in einem zu Gast, in dem man pünktlich aufgehört hat.

Ja, genau. Wir hatten ein halb zehn vereinbart, ist ja gleich. Morgens? Nein.

Ja, wir haben am Ende des Podcasts aber noch eine Frage und ich weiß, beim letzten Mal, da kann ich mich noch gut dran erinnern, da war deine Antwort darauf, Träumen ist ja nichts für mich. Das fand ich sehr schade, weil ich träume total gerne. Die Antwort gebe ich jetzt wieder.

Okay, gut, fertig. Schön, dass du da warst. Unsere letzte Frage ist, ich formuliere sie anders, okay? Ich nehme das Wort träumen raus und das mache ich jetzt live, ohne dass ich chatty frage.

Die coolen Kids sagen so chatty, hab ich gelernt. Ich sag auch nur noch chatty. So süß.

Mit Pronomen sie, ihr. Also, ohne dass ich jetzt meine Freundin chatty frage, formuliere ich die Frage um. Achtung.

Mit Hinblick auf das Gespräch, was wir jetzt geführt haben, Kinder, Kirche, Zukunft von Kirche, was würdest du dir von der evangelischen Kirche, bleiben wir hier im Hause, wünschen hinsichtlich der Erkenntnisse, die du aus deiner Forschung und dem Buch mitbringst? Eine schöne Umformulierung von was ist dein Traum von Kirche? Ja, also, wünschen ist leichter als träumen, finde ich. Wünschen ist gut. Wünschen ist auch schon zu viel? Was erwartest du? Erwarten ist aber auch hart.

Wünschen finde ich okay. Aladin El Mahfalani fordert von der evangelischen Kirche das. Das sind immer die besten Überschriften.

Soziologe fordert irgendwas. Dabei habe ich nur gesagt, ich wäre für radikale Partizipation. Soziologe fordert Kinder an die Macht.

Nee, habe ich nicht gesagt. Aber egal. Ich habe ja gerade schon gesagt, behutsame Wege dorthin wären, Kinder und Jugendliche zu befragen und sich damit auseinanderzusetzen, was dabei rauskam.

Das finde ich voll spannend. Anonymisiert Kinder zu befragen. Mega.

Da helfen ja auch diese digitalen Tools. Das ist ja viel besser möglich als je zuvor. Das läuft dann nur noch digital.

Das kann man gut machen. Das kann man auch schnell auswerten. Wenn man sich alleine nur überlegt, wenn man jetzt genau weiß, was man fragen will, machst du Mentimeter, du hast das Ergebnis in drei Minuten.

So schnell ginge das schon. Wenn das datenschutzmäßig in der Kirche laubt, wäre was oft schwierig. Das ist eure Baustelle.

Mach mal weiter von deinen tollen Forderungen und Wünschen. Das ist der erste Schritt, was die Interessen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen sind. Ich würde immer junge Erwachsene mit reinnehmen.

Die, die am ehesten für Minderjährige sprechen können, sind die zwischen 18 und 25. Die sind wirklich ganz nah dran. Auch von den Einstellungen und von den Erfahrungen.

Da muss man langsam dahin, den Staffelstab zu übergeben. Wir kommen eh nicht. Es geht rein funktional.

Ich wünsche mir nichts und träume nichts. Wir halten den ganzen Laden am Laufen. Euren Laden, aber auch die Gesellschaft insgesamt.

Wenn wir jetzt sagen, wir orientieren uns wieder daran, wie bei deiner Generation und meiner, dass man erst mal 50 werden muss, bis man mitreden darf, dann klappt das jetzt nicht. Das klappt einfach technisch nicht. Man muss jetzt die jungen Leute, das ist der paradoxe Effekt, wir kümmern uns um sie nicht.

Sie sind in keiner guten Lage. Auch von ihren eigenen Entwicklungen. Gleichzeitig müssen sie viel früher Verantwortung übernehmen, als jede Generation vorher.

Das kann man ausrechnen. Wir alle verhalten uns aber so, als würde es immer noch so gehen, bis 30 hören wir dir gar nicht zu. Wenn vorher nur, wenn du ordentlich in die Sozialversicherung einzahlst und richtig arbeitest, dann vielleicht.

Mit 40 bist du immer noch jung. Wenn wir so weitermachen und nicht den Schalter umdrehen, dann ist das rechnerisch nicht mehr darstellbar. Und zwar für niemanden.

Für die Arbeitgeber nicht. Für die Rentenkasse nicht. Und die Hochaltrigen, die jetzt 61-Jährigen, werden nicht würdevoll alt werden, wenn wir daran nicht was ändern.

Ich wünsche mir nicht eine Traumwelt, sondern ich wünsche mir einfach nur, dass die Dinge funktionieren in dieser krassen demografischen Schieflage. Und in dieser krassen Schieflage müssen wir einfach alles etwas umdenken. Und zum Beispiel auch, wann Kinder und Jugendliche Verantwortung übernehmen.

Nicht nur denen zuliebe, sondern auch uns zuliebe und zum Beispiel der Kirche zuliebe. In 20 Jahren sterben die meisten Kirchenmitglieder. Also die Lösung muss jetzt starten.

Und das bedeutet, da niemand gerne irgendwo sitzt, weil andere entschieden haben, dass heute Gottesdienst ist und du musst jetzt hier sitzen, sondern dass die Leute umso stärker sich engagieren, wenn sie aktiv mitmachen können. Muss das unbedingt schnell gemacht werden. Das ist auch nur der Grund, warum wir das Buch so deutlich und jetzt geschrieben haben.

Ich weiß genau, dass in fünf Jahren das alle merken werden. Alle werden das in fünf Jahren merken. Aber in fünf Jahren erst zu starten mit Veränderungen ist zu spät.

In fünf Jahren werden es allein nur deshalb die Leute merken, weil zum Beispiel ganz einfaches Beispiel, alle Kompetenzstudien zeigen, dass in den nächsten drei, vier Jahren die Generation in den Arbeitsmarkt kommt, die so schlecht gefördert wurde wie nie zuvor. Die sind noch schlechter als unsere Generation. Wir waren bisher die schlechtesten übrigens.

70er und 80er Geburtsjahrgänge. Die 90er wurden voll besser. Und naja, jetzt wird es schlechter.

Und das heißt übrigens ganz kurz am Rande, damit wir uns verstehen, über die sich alle aufregen wegen Work-Life-Balance und so, sind die in den Studien am kompetentesten gemessenen Generationen, über die sich gerade alle aufregen. Die schlechteren Ergebnisse, von denen ich rede, die kommen noch. Die sind noch nicht auf dem Arbeitsmarkt.

Und das meine ich. In fünf Jahren sind die auf dem Arbeitsmarkt. Dann kriegen das alle Arbeitgeber auch mit und die Politik und so.

Dann werden wir sowieso reagieren. Das ist ja klar. Aber in fünf Jahren erst.

Das ist zu spät. Und deswegen muss jetzt schon loslegen. Und ich glaube, die Kirche ganz besonders, weil das wird auf jeden Fall weniger.

Das heißt, man kämpft eigentlich nur gegen eine zu große Schrumpfung. Das ist demografisch gar nicht anders möglich. Das ist aber auch bei allen so.

Arbeitgeber können nicht mehr so viele Erwerbstätige haben wie bisher. Und das ist mit Migration nicht auffangbar. Also wenn wir die Müttererwerbsquote steigern und jedes Jahr so viele Migranten haben wie 2015, reicht das immer noch nicht, um diesen Alterungsprozess auszugleichen.

Dass das nur klar ist. Es ist über Migration und Müttererwerbsquote nicht auszugleichen. Wir sind also wirklich, da kann man nichts mehr dagegen machen.

Vielleicht allerletzte Bemerkung, damit deutlich wird, warum, also wie weit wir schon demografisch in einer Schieflage sind, würde sich die Geburtenrate jetzt erhöhen. Wäre Kollaps. Weil dann ja noch mehr Mütter in Elternzeit gehen, genau wenn die Babyboomer in Rente gehen.

Jetzt ist es zu spät. Also für eine Erhöhung der Geburtenrate, die wäre jetzt kontraproduktiv. So weit sind wir in der Schieflage, dass wir die Situation jetzt haben.

Und die Kinder, die jetzt schon Saal sind, können wir ja noch nicht mal die richtig versorgen. Wir haben wirklich eine ernstzunehmende Problematik, die ist lösbar, aber nur dann, wenn Mindset und Handlung jetzt in eine gewisse Richtung gehen. Wir beschreiben, wie man eine ganz wunderbar funktionierende Gesellschaft auch in dieser Entwicklung aufrechterhalten kann, aber wir beschreiben auch, dass dafür fast nichts einfach so bleiben kann, wie bisher.

Fast nichts kann einfach so bleiben, wie bisher. Und wenn zu viel so bleibt, wie bisher, dann wird das wirklich eine unangenehme Zeit, die nächsten drei Jahrzehnte. Eine wirklich unangenehme Zeit.

Ja, was ihr schreibt, kann man auch nachlesen in dem Buch Kinderminderheit ohne Schutz. Ihr könnt das auch unten erwerben. Die Buchhandlung Tarantababu hat einen Büchertisch unten.

Und dann könnt ihr euch das Buch auch noch signieren lassen von Aladin. Ich bin noch ein bisschen hier. Er ist noch ein bisschen hier.

Ihr seid hoffentlich auch noch ein bisschen hier. Es gibt unten eine Candybar und Getränke. Schön, dass ihr heute da wart.

Schön, dass ihr so lange euch uns angehört habt. Auch ihr zu Hause, die ihr jetzt den Podcast hört. Und vielen, vielen Dank, Aladin, dass du da warst.

War meine Freude. Apfelschips, ne? Danke auch von mir. Apfelschips, ne? Noch ein Funfact.

Ich esse heute zum ersten Mal Apfelschips. Das ist ja genial. Apfelschips.

Alles hier ist heute kostenlos gewesen. Wir haben uns gedacht, wir schmeißen die Veranstaltung mit Getränken und auch mit Apfelschips und anderen Snacks. Und wir haben aber Spendenboxen aufgestellt.

Wir wollen nicht nur über das Thema reden, sondern auch spenden. Für Kinder unter anderem hier in der Dortmunder Nordstadt, hier im Studio 41 und andere Projekte für Kinder und für Kinderrechte werden von der VEM unterstützt. Und dahin soll das Geld dann fließen.

Also unten seht ihr auch noch einen Infotisch mit Dingen, die wir sonst noch so machen. Neben dem Büchertisch und bedient euch noch an den Snacks und an den Getränken. Bleibt ein bisschen hier, lasst noch Bücher signieren.

Es sind auch noch andere Bücher auf dem Büchertisch. Und ja, dann wünschen wir uns noch hier einen schönen Abend und euch, die zuhören. Seid gut zu euch untereinander.

Bis zum nächsten Mal. Tschüss. Bis dann.

Ciao. Dies war ein Podcast der Vereinten Evangelischen Mission. Wir hoffen, die heutige Folge hat dir gefallen und zum Weiterdenken und Nachfragen angeregt.

Falls ihr Fragen an uns habt oder uns Feedback geben wollt, freuen wir uns sehr darüber. Schreibt uns auf Instagram oder ganz klassisch per E-Mail an podcast.vemission.org Weitere Informationen findet ihr auf www.rassismusundkirche.de Mit dem Podcast wollen wir dazu beitragen, Kirche zu einem sicheren Ort zu machen. Daher versuchen wir, unterschiedliche Perspektiven hörbar zu machen und wissen gleichzeitig, dass wir nie alle Perspektiven ablegen können.

Wenn ihr das für eine gute Idee haltet und uns darin unterstützen wollt, schreibt über uns auf euren Social Media Kanälen oder lasst uns eine Bewertung bei Spotify oder iTunes da. Danke für eure Unterstützung, fürs Reinhören und vor allem für all die Menschen, die den Podcast inhaltlich und persönlich mit Beiträgen bereichern. Bis dahin, mit den besten Grüßen von der VfM aus Wuppertal.

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.